Nachhaltigkeit ist ein zunehmend wichtigeres Thema in unserer Gesellschaft. Anika Straub und Ruben Knoll wollten genau dieses Thema angehen und haben mit dem CommonUse Office im August 2020 einen Minimal Waste Coworking Space in Berlin eröffnet. Das Minimal Waste Konzept beschreibt den Anspruch, so wenig Müll wie möglich zu produzieren. „Wirklicher Müll ist eigentlich nur jener Abfall, der keinen weiteren Wert hat und nicht kompostierbar oder biologisch abbaubar ist und deshalb als ‚Restmüll‘ auf der Müllkippe landet“, erklärt Anika. „Aber auch sogenannte ‚Wertstoffe‘ wie recyclebare Kunststoffe und Glas sowie organische Abfälle gilt es zu reduzieren, denn sowohl deren Herstellung als auch die Entsorgung beziehungsweise Aufbereitung verbrauchen wertvolle Ressourcen.“
Vom Hundesalon zum Coworking Space
Die Idee, einen Minimal Waste Coworking Space zu gründen, kam ihnen im April des Jahres als sie durch ihren Kiez spazierten und die Immobilie eines ehemaligen Hundesalons sahen. Die beiden waren zu dieser Zeit auf der Suche nach einem neuen Büroplatz und waren sofort angetan von den Räumen. Diese hatten jedoch viel mehr Platz und Potenzial als für ein einfaches Büro nötig gewesen wäre. Daher überlegten Anika und Ruben, wie man einen Mehrwert für andere und den Kiez schaffen kann. „Da kam uns die Idee eines Coworking Space“, erinnert sich Anika. Dieser orientiert sich allerdings eher an der Idee eines Gemeinschaftsbüros und schafft zudem einen Lösungsansatz für ökologische und urbane Problemstellungen. Das sind in diesem Fall vor allem Ressourcenknappheit im Bezug auf Rohstoffe und die Verfügbarkeit von Raum. Also alles getreu dem Minimal Waste Konzept. „Wir haben das Sharing-Modell eines Coworking Spaces um ein ganzheitlich nachhaltiges Bürokonzept erweitert“, erklärt Anika. „Da wir einen beruflichen Hintergrund im Bereich Stadt- und Regionalentwicklung haben und einen Verein, der nachhaltige Projekte in diesem Bereich umsetzt, war ohnehin sofort klar, dass wir nicht einfach nur ein Gemeinschaftsbüro gründen würden.“
Im Mai begannen die beiden dann, die Räume zu renovieren. Da sie das nebenbei selbst machen, dauern diese Arbeiten auch jetzt noch etwas an. Sie arbeiten bereits seit Juli um CU.Office, im August sind die ersten offiziellen Mieter eingezogen. Die Nachfrage nach Plätzen im Minimal Waste Space wird immer größer, besonders nachdem die coronabedingten Einschränkungen gelockert wurden. „Wir haben das Glück, dass wir uns erlauben könnten, die Interessierten erst einmal kennenzulernen, um abzuklopfen, ob sie unser Konzept auf verstehen und es unterstützen wollen.“
Minimal Waste + Coworking
Doch wie sieht Minimal Waste im Coworking Space überhaupt aus? „Wir wollen unseren Arbeitsalltag so ressourcenschonend wie möglich gestalten und Müll weitestgehend vermeiden“, erklärt Anika. Sie agieren möglichst papierfrei und haben keinen Drucker. Außerdem werden die Lebensmittel für den täglichen Bedarf größtenteils unverpackt und regional eingekauft oder über Initiativen wie Foodsharing, SirPlus und Too Good To Go gerettet. Das Inventar im CU.Office stammt weitestgehend aus zweiter Hand oder ist nachhaltig in der Herstellung und/oder Anwendung. Außerdem beziehen sie Ökostrom und Anika und Ruben haben Verträge bei Banken und Versicherungen abgeschlossen, die in nachhaltige Projekte investieren. „Grüne Digitalisierung ist ein weiteres spannendes Feld, welchem wir uns zukünftig intensiver widmen wollen, denn natürlich wird hier hauptsächlich digital gearbeitet. In diesem Bereich gibt es noch viel zu verbessern.“
Da das CU.Office kein Coworking Space ist, in dem täglich Leute ein- und ausgehen, sondern feste Mieter hat (bei trotzdem flexiblen Modellen), funktioniert die Umsetzung sehr gut. „So ein Konzept klappt nur, wenn Alle an einem Strang ziehen und daher ist diese Form der Gemeinschaft sehr von Vorteil“, finden die Betreiber. Da die Küche aktuell noch nicht fertiggestellt wurde, klappen die Vorhaben in diesem Bereich bisher nur bedingt. „Aber sobald wir richtig eingerichtet sind, sind wir guter Dinge, dass auch das gut funktionieren wird.“ Im CU.Office arbeiten vor allem Leute, denen größere Coworking Spaces zu anonym sind oder die dem Homeoffice entfliehen und trotzdem eine wohnliche Atmosphäre und einen kurzen Arbeitsweg zu schätzen wissen. Die meisten haben laut Anika auch einen Bezug zum Thema Nachhaltigkeit und/oder Minimal Waste – durch die Arbeit oder auch „nur“ durch den eigenen Lifestyle. Alle haben aber verstanden, warum es wichtig ist, in jedem Aspekt des Lebens nachhaltiger und bewusster zu agieren. „Wir hoffen, dass wir dabei ein wenig unterstützen und Inspiration liefern können.“
Nachmachen? Ja, bitte – im Rahmen der Möglichkeiten
Doch kann jeder solch ein Konzept im eigenen Coworking Space umsetzen? „Grundsätzlich ja“, finden die Betreiber. „Man muss nur gut vorsorgen und die nötigen Strukturen schaffen, um es den Community-Mitgliedern möglichst einfach zu machen, in dieses Konzept hineinzufinden.“ Das bedeutet, man sollte die passenden Beschaffungswege kennen, Versorgungswege schaffen, Abfalltrennsysteme installieren und die Räume, vor allem die Küche, entsprechend ausstatten. „Aber auch gemeinsamer Austausch und das Einbinden der Gemeinschaft ist sehr wichtig, denn man will ja inspirieren und nicht überfordern oder gar bevormunden“, betont Anika. Jedoch ist die Umsetzung von Minimal Waste auch immer abhängig davon, wie weit man gehen möchte und welche Möglichkeiten man hat. „Wir mussten bei der Renovierung und Ausstattung ein paar Kompromisse eingehen, wo es definitiv ökologisch sinnvollere Alternativen gegeben hätte“, erzählt Anika. „Da wir das alles aber selber und ohne Kredite finanziert haben und darauf angewiesen waren, recht schnell den Betrieb aufzunehmen, um laufende Kosten zu decken, wurde es dann beispielsweise doch nicht der ökologische Linoleumboden und wir konnten nicht alles Mobiliar langwierig über Kleinanzeigen zusammensuchen.“
Engagement fördern
Das CU.Office ist noch nicht lange geöffnet, doch Anika und Ruben haben bereits Pläne, wie es weitergehen soll. Neben Arbeitsplätzen möchten sie auch einen Raum für kollaborative Gestaltung und zum Entwickeln und Erproben gemeinwohlfördernder Ideen bieten. Zum Beispiel in Form von PopUp- und Event-Formaten wie Spendenflohmärkten und Dinnerabenden zum Thema Lebensmittelverschwendung. Sie wollen aber auch als Treffpunkt für Initiativen aus dem Brüsseler Kiez und anderen Nachbarschaften dienen. Schon jetzt sind erste Initiativen beim Coworking, die sich beispielsweise für nachhaltige Kiezgestaltung einsetzen oder junge Unternehmen, die nachhaltige Produkte oder Apps entwickeln, die sich dem Thema Kreislaufwirtschaft im Bereich Elektrogeräte widmen. „Derartiges Engagement und Unternehmertum möchten wir gerne noch intensiver fördern“, betont Anika.