Covid-19 trifft Coworking-Spaces in ganz besonderer Weise. Davon ausgehend, dass Coworking-Spaces einen Großteil ihrer Erlöse über eigene Veranstaltungen und die Vermietung von Besprechungs-, Workshop- und Seminarräumen erwirtschaften, lässt schnell den Schluss zu, dass ein wesentlicher Teil der Einnahmen weggebrochen sind; spätestens, seit eine allgemeine Ausgangsbeschränkung besteht.

Wenn man die vom deskmag erhobenen Zahlen in diese Überlegung mit einbezieht, dann trifft die Corona-Krise insbesondere kleinere und jüngere Spaces. Die deskmag-Studie spricht hier insbesondere von Spaces mit weniger als 200 Mitgliedern. In Deutschland dürfte das vermutlich die meisten Spaces außerhalb der großen Ketten umfassen. Selbst stetig wachsende Spaces wie das Aachener WORQS  zählen weniger Mitglieder, auch hier ist der Rückgang an Meetingraum-Auslastung deutlich zu spüren.

Kreativorte wie die Heidelberger Breidenbachstudios und Coworking-Spaces wie das KrämerLoft in Erfurt und das Kombinat01 in Jena geraten durch den Rückgang der Erlöse in eine finanzielle Schieflage und setzen nicht nur auf die staatlichen Finanzhilfen, sondern auf die Stärke – die Community der Coworking- und Maker-Spaces.

Die Community hilft beim Crowdfunding

Die Spaces rufen aktuell im Rahmen von Crowdfunding-Kampagnen zur Unterstützung durch Freunde, Community-Mitglieder und Coworker auf. Und sind damit durchaus erfolgreich. Die gemeinsame Kampagne aus Erfurt und Jena mit dem einprägsamen Titel #gestehdeineliebe hat über die Fundingplattform Startnext aktuell fast 2.000 € eingesammelt. Der Hilfeaufruf der Breidenbachstudios läuft noch erfolgreicher. Aktuell haben 247 Unterstützer deutlich über 13.000 € (Stand 04.04.2020) in die Kasse gespült.

Die Konzept des Crowdfundings bietet sich gerade für Coworking-Spaces mit einer starken und lebendigen Community perfekt an. Initiator von #gestehdeineliebe ist Sebastian Zwingmann, der selbst nicht zu den Betreibern zählt, aber Teil der Community ist und an vielen Veranstaltungen in den Spaces teilnimmt. Das, was er hier erlebt, nimmt er mit in die ländliche Region und baut dort eine ganz ähnliche Gemeinschaft rund um den “Newworkshop Eichsfeld” auf, wie sie in Erfurt im Krämerloft oder in Jena im Kombinat01 bereits existiert. „Mir ist es in der aktuellen Situation wichtig, den Coworking-Spaces einfach etwas zurückzugeben.“, sagt der 44-Jährige.

Unterstützer der Crowdfunding-Kampagnen sind dabei aber nicht einfach nur Spender, sondern sie erhalten eine klar definierte Gegenleistung, die sie im Rahmen des Hilfeaufrufs über Startnext „einkaufen“. Für eine Unterstützung der Heidelberger Kreativorte in Höhe von 50 € gibt es neben (vermutlich) ewigem Dank auch eine chice Trinkflasche, Unterstützer in Erfurt können sich mit ihrem Namen auf Vinyl im Flur des Spaces verewigen lassen (35 €) oder erhalten eine Einladung zur After Corona-Party (39 €). Und auch hier kommt der Community-Gedanke ganz besonders zum Tragen: Coworker stellen ihre Arbeitsleistung als Spende zur Verfügung; die Einnahmen kommen der Aktion zugute. Sonja Mewes von Beautiful Future zum Beispiel bietet eine Beratung zum Thema „Remote Work & Meetings“ an. Gefragter als heute dürfte das Thema bisher noch nie gewesen sein.

Crowdfunding im Erfurter Krämerloft

Dabei ist Crowdfunding für Coworking-Spaces keineswegs neu. Der impact hub Berlin und auch das Hamburger betahaus haben sich zum Start erfolgreich co-finanziert, und auch das Krämerloft in Erfurt hat schon zum Start auf die Community-Finanzierung gesetzt. Nicole Sennewald haben wir dazu kurz befragt:

Nicole, wie war Deine Erfahrung bei Eurem ersten Funding und gibt es bei der jetzigen Kampagne spürbare andere Effekte außer Geld?
Wir haben bei unserer Crowdfundingkampagne vor 3 Jahren sehr gute Erfahrung gemacht und damals 16.500€ brutto eingesammelt. Wir hoffen auch jetzt wieder eine Summe in dieser Größenordnung einsammeln zu können. Der Unterschied zu damals liegt vor allem darin, dass die Kampagne dieses Mal gar nicht durch uns initiiert wurde sondern durch unsere Community. Aus diesem
Grund gibt es auch eine Vielzahl von Dankeschöns, welche Leistungen von unseren Coworkern aus der Community enthalten. Sie bieten als z.B. SEO-Analysen oder Beratung zum Thema Remote Work an und das Geld kommt dann uns zu Gute.
Durch den Ursprung in der Community hat die gesamte Kampagne einen ganz anderen Charakter, was man schon im Funding-Video erkennt. Die Reichweite der Kampagne war von Anfang an sehr hoch.
Aktuell kommt aber natürlich erschwerend hinzu, dass aufgrund von Corona verschiedene Crowdfunding- oder Gutschein-Kampagnen zeitgleich gestartet sind und potentielle Unterstützer natürlich selbst oft den Gürtel enger schnallen müssen, weil sie geringere Einnahmen haben.

Wie kam es zu dem Zusammenschluss mit dem Kombinat 01?
Wir arbeiten schon seit ca. einem halben Jahr enger mit dem Kombinat 01 in Jena zusammen und möchten unsere Communities enger miteinander verbinden, in dem wir gemeinsame Angebote entwickeln und uns gegenseitig ergänzen wollen. Wir denken, dass alle davon profitieren werden. Die Hauptinitiatoren waren schon in beiden Coworking Spaces bei Veranstaltungen und waren begeistert. Aus diesem Grund wollten sie gerne beideSpaces unterstützen. Zu Beginn wurde sogar noch ein drittes Space, die Neue Denkerei in Kassel mit angefragt. Da dieses Space aber bereits selbst schon sehr weit in der Planung einer eigenen Crowdfundingkampagne war, haben sie sich aus absolut nachvollziehbaren Gründen entschieden, bei unserer gemeinsamen Kampagne nicht mitzumachen. Das Kombinat 01 ist allerdings heute, am 4.4.2020 aus der Kampagne ausgestiegen. Nach gründlicher Betrachtung der aktuellen Sachlage und mehreren Gesprächen mit ihren Partnern haben sie festgestellt, dass die Lage zwar ernst aber nicht existenzbedrohend für sie ist. Somit haben sie sich entschieden, die Kampagne weiterhin zu unterstützen aber die Einnahmen sollen dem KrämerLoft zu Gute kommen.

Foto: Krämerloft/Nicole Sennewald