„Ich scheue mich nicht, neue Wege zu gehen“, sagt Tina Trizzino. Sie ist Goldschmiedin und arbeitet seit ein paar Monaten in einem Coworking Space. Auf Coworking ist sie zufällig gestoßen, als eine Freundin sie fragte „Meinst Du nicht, dass ein Coworking Space das Richtige für Dich ist?“

Tina wollte raus aus der Fußgängerzone, denn ihrer Meinung nach funktionieren Einzelhandel und Innenstadt nicht mehr wie früher. „Ich hatte in meinem Laden in der Innenstadt so viel Fläche für Verkauf, Herstellung und meine Goldschmiede-Kurse, von der ich immer nur die Hälfte genutzt habe.“ Tina hat sich während der Pandemie und der damit einhergehenden erschwerten Bedingungen für den Einzelhandel, bei der die klassische Laufkundschaft beim Einkaufsbummel plötzlich komplett wegbrach, auf die Herstellung von Trauringen aus 100 % Recyclinggold spezialisiert und bedient somit eine ausgewählte Konsumentengruppe. Die Brautpaare vereinbaren in der Regel einen Termin.

Neue Möglichkeiten

Bei Coworking hatte Tina allerdings immer nur Großraumbüros mit Laptops im Kopf. Aber sie sah es als Experiment, sich das Ganze mal anzuschauen. Bei ihrer Suche fiel ihr dann das PioneerMakers in Hanau auf. Dort arbeitet sie nun seit Oktober 2022 als erste Nutzerin des Arts & Crafts Kreativbereich im MakerSpace in einem eigenen kleinen Atelier. Dabei ist sie so in den Space integriert, dass sie trotzdem Coworkerin ist – und das klappt gut. „Ich habe oft Verabredungen zum Lunch, da werden dann auch manchmal gemeinsame Projektideen besprochen. Oder – wenn es keine Überschneidungspunkte bei der Arbeit gibt, dann reden wir halt einfach so“, erzählt Tina. „Außerdem kommt oft jemand im Atelier mit einem Kaffee vorbei, um einfach ein bisschen zu reden. Ich fühle mich auf jeden Fall voll integriert in die Community. Der Austausch mit den anderen Communitymitgliedern ist für mich von großem Nutzen, um beispielsweise ein direktes Feedback für meine Kreationen zu erhalten oder auch, um Fragen rund um SEO oder Onlinepräsenz zu besprechen. Es ist schön, so viele verschiedene Fachgebiete unter einem Dach zu haben. So ist Networking tatsächlich greifbar geworden und wir profitieren hier alle von den Connections der anderen.“

Tina ist klar, dass sie ein besonderer Wirtschaftszweig für einen Coworking Space ist. Allerdings hofft sie, dass sich genau das mit der Zeit ändern wird. Denn zumindest ein Teil des inhabergeführten Einzelhandels muss sich revolutionieren. „Die kleinen inhabergeführten Geschäfte müssen lernen, die Fühler nach neuen Möglichkeiten auszustrecken. Wer nicht auf Laufkundschaft angewiesen ist, muss nicht unbedingt in der Fußgängerzone präsent sein.“ So kann zum Beispiel der Onlinehandel dazu beitragen, das Geschäftsmodell anzupassen. „Ich finde es wichtig, dass wir alle branchenübergreifend lernen, on Demand zu arbeiten. Und zwar dann, wenn wir es brauchen, mit den Kapazitäten, die wir brauchen. Und zu der übrigen Zeit steht der Platz anderen Menschen zur Verfügung.“

Bearbeitung eines Rings

Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung

Denn auch Nachhaltigkeit ist für Tina, die sich inzwischen auf Trauringe spezialisiert hat, ein wichtiges Thema. „Als Einzelhandel in der Innenstadt hatte ich eine große Fläche, von der ich aber immer nur die Hälfte genutzt habe. Das Thema Ressourcen war darum immer ein Problem für mich. Deswegen ist es schön, dass ich jetzt meine Beratungen für Brautpaare in den anderen Bereichen des Coworking Space stattfinden lassen kann. Dabei kann ich mich auch auf das jeweilige Paar einlassen. Wenn sie ihr Kind mitbringen, gehen wir in den Family Bereich. Es gibt auch Paare, die sehr emotionale und intime Dinge berichten, dann gehen wir in einen kleinen Tages-Seminarraum und machen die Tür zu. Im Einzelhandel hatten wir dann immer noch Kunden und Mitarbeiter um uns herum. Ich war nie zu 100 % nur für meine Brautpaare da. Jetzt kann ich aus dem Coworking einen großen Nutzen ziehen, denn wir können alles so stattfinden lassen, wie die Paare es benötigen.“ Tina hat somit nun alle Möglichkeiten, die sie braucht, ohne dass sie einen riesigen Platz mieten und unterhalten muss.

Ein weiterer Vorteil im Coworking Space: Partner für Projekte wie Produktfotografien, eine Homepage oder einen Onlineshop sind meist nicht weit. Und für den Austausch und die Umsetzung steht im Coworking Space ebenfalls genug Platz zur Verfügung. Aktuell ist das PioneerMakers noch im Aufbau, aber sobald der Coworking Space komplett nutzbar ist, wird es auch wieder Gruppen-Events geben, bei denen auch Tina beteiligt sein wird. „Die Goldschmiede wächst mit den Möglichkeiten, die der Coworking Space bietet.“ Denn immer wieder überlegt sie: Wie kann sie einen bestimmten Arbeitsbereich im Coworking Space für sich nutzen? Dabei kommen oft neue Ideen auf. Und genau das war der Gedanke dahinter, in einen Coworking Space zu gehen. „Die Idee war: Geh neue Wege. Und die bin ich gegangen.“

Tina Trizzino bei der Arbeit im Coworking Space

Tina bei ihrer Arbeit im Maker Space

Viele Coworking Spaces bleiben hinter ihren Möglichkeiten

Doch Tina ist nicht die einzige „nicht-klassische Coworkerin“, die die Möglichkeit hat, solche neuen Wege zu gehen. Zwar ist ein Konzept wie im PioneerMakers nicht in jedem Space umsetzbar, aber in vielen gibt es Möglichkeiten der Umsetzung – oder sogar den Wunsch danach. So zum Beispiel im CREON CoSpace in Berlin Kreuzberg. „Der Umbau einer früheren Kapelle, eines ehemaligen Schwimmbades und eines Ateliers befindet sich bei uns aktuell in der Fertigstellung. In diesen drei besonderen Flächen bieten wir in Zukunft offen gestaltbare Räume, unter anderem als Ausstellungsfläche für Kunst oder als Location für kleinere Events mit besonderer Akustik, Workshops, bis hin zu Ton- und Podcastaufnahmen an. Wir sind bereits sehr gespannt, wie sich die unterschiedlichen Konzepte auf den knapp 575 m² entwickeln und sich die daraus resultierenden Synergieeffekte auf die anderen Bereiche des CoSpaces auswirken werden“, erzählt Nicole Kilic vom CREON CoSpace.

CREON CoSpace

Der CREON CoSpace in Berlin Kreuzberg

Tina jedenfalls erhält von ihren Kunden durchweg positives Feedback zu ihrem neuen Arbeitsplatz. Das gibt ihr den Antrieb, weiterzumachen und ihre Firma jeden Tag wachsen zu lassen. Und sie ist sich sicher, dass sie damit den richtigen Weg eingeschlagen hat und auch andere nicht-klassische Coworking-Nutzer das Konzept Coworking Space bald für sich entdecken werden. „Ich glaube, das macht Schule.“

Bilder: Tina Trizzino, Kay-Uwe Rosseburg
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