Auch, wenn Coworking inzwischen etablierter und bekannter ist als noch vor wenigen Jahren, gibt es noch immer unzählige Klischees, Vorurteile und Mythen, wenn es um die flexiblen Arbeitsplätze geht. Mit den häufigsten und größten von ihnen wollen wir aufräumen.

„Wir können nicht alle mit ‘nem MacBook und ‘nem Chai-Latte in Berlin in ‘nem Coworking Space sitzen und die zehnte Dating App erfinden!“, wetterte Marco Scheel im letzten Jahr in der NDR Nordreportage (25:25 min). Das Video ging durch die Medien und seine Aussage fand zahlreiche Unterstützer. Auf den ersten Blick mag der Eigentümer von Nordwolle Recht haben – für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft braucht es mehr als Ein-Mann-StartUps, die schon tausendmal dagewesene Apps entwickeln. Bei näherer Betrachtung besteht der Satz allerdings hauptsächlich aus Klischees und Vorurteilen gegenüber Coworking Spaces. Und es sind nicht die einzigen Vorurteile oder gar Mythen, die sich um Coworking Spaces ranken. Da es immer noch viele Klischees gibt, die nicht dem tatsächlichen Bild entsprechen, räumen wir hier einmal mit den häufigsten Vorurteilen auf.

„Im Coworking Space sind nur Freelancer, StartUps und Hipster“

Eine Meinung, die sich hartnäckig hält, ist, dass Coworking Spaces nur von Freelancern und StartUps genutzt werden, die aus jungen Hipstern bestehen. Das entspricht allerdings nicht der Realität, denn auch zahlreiche Angestellte und Projektteams finden sich in Coworking Spaces. Auch ganze Unternehmen sind in Coworking Spaces ansässig, und dabei handelt es sich nicht zwingend um StartUps, sondern auch um bereits lang etablierte Firmen. Coworking Spaces sind eben nicht immer nur ein abgedunkelter Raum mit langer Workbench, wo junge Männer in Karohemden mit Mate vor ihren Bildschirmen sitzen, um das nächste StartUp zu gründen. Der Mythos, es gäbe keine klassischen Berufe, die im Coworking Space ausgeübt werden, wird dadurch widerlegt, dass inzwischen sogar viele Anwälte und Steuerberater Coworking Angebote nutzen.

„Da ist es offen und laut“

Apropos lange Workbench: Ein Vorurteil, das Coworking Spaces ebenfalls besonders häufig anhängt, ist die Vorstellung, dass es sich um einen großen Raum mit einem oder mehreren langen Tischen handelt, in dem jeder sich spontan und flexibel einen Sitzplatz aussucht. Manche Spaces mögen auch tatsächlich lediglich aus solch einem OpenSpace Bereich bestehen, aber die meisten Anbieter haben mindestens auch Fix Desks, sodass die Nutzer feste Schreibtische haben, an denen sie auch ihre Sachen lassen können. Darüber hinaus gibt es in vielen Coworking Spaces inzwischen auch üblich, dass es Areas für stilles Arbeiten gibt oder sogar Einzel- oder Teambüros gebucht werden können. Dadurch ist Deepwork problemlos möglich und mit einem eigenen Büro wird der Coworking Space auch Nutzern zugänglich, die hohe Datenschutz-Standards haben.

„Coworking Spaces sind so ein Großstadt-Ding“

Dass Coworking Spaces nur in Metropolen und Großstädten existieren, scheint nicht nur Marco Scheel zu denken. Immerhin nennt er sie in einem Atemzug mit Berlin. Und auch wenn Städte wie Berlin eine deutlich höhere Dichte an Coworking Spaces aufweisen als manch andere Regionen, so finden sich inzwischen doch auch zahlreiche Coworking Spaces in Mittel- und Kleinstädten und sogar im ländlichen Raum. Und auch wenn zum Beispiel die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz den für einige vielleicht eher verständlichen Begriff Dorf-Büros nutzt, ist das Prinzip doch das gleiche. So ist es kein Wunder, dass Coworking Spaces in ländlichen Regionen immer häufiger werden. Viele Kommunen sind gerade dabei oder möchten in Zukunft einen Space eröffnen. Coworking ist also längst kein „Großstadt-Ding“ mehr.

„Da sitzen alle nur vor ihren Laptops“

Dieses Klischee formuliert Marco Scheel sogar ganz explizit. Und ja, es stimmt, die meisten Coworking Spaces sind auf Computerarbeitsplätze ausgerichtet. Nicht ohne Grund: 2018 arbeiteten 48 % der Beschäftigten am PC. Es gibt jedoch auch viele Coworking Spaces, die sich nicht (nur) auf Büroarbeitsplätze konzentrieren. So gibt es verschiedene branchenspezifische Spaces, die noch viel mehr ermöglichen als die Arbeit am Laptop. So gibt es Spaces für die Foodbranche, solche, die Künstler und Kreative anlocken oder jene, die auf die Beauty- und Wellness-Branche ausgerichtet sind. Ja, es gibt sogar Coworking Spaces für das Handwerk.

„Es gibt immer komische Hipster Getränke“

In der Tat sind Chai-Latte und Mate nicht die einzigen Getränke, die im Coworking Space angeboten und verzehrt werden. Oft werden im Space Softdrinks oder die ein oder andere Sorte Bier angeboten. Wasser ist in der Regel im Rundum-Sorglos-Paket bei der Buchung enthalten. Und man mag es kaum glauben, aber die Kaffeemaschinen in Coworking Spaces können nicht nur abgefahrene Kaffee-Milch-Kreationen, sondern auch ganz normalen schwarzen Kaffee ausspucken. Und Tee gibt es meistens auch.

„Viel zu teuer, das Ganze“

So bleibt eigentlich nur ein Klischee übrig, das im anfangs genannten Satz nicht fällt. Und das ist die Behauptung, Coworking Spaces seien zu teuer. Viele Menschen denken dies aber immer noch. Dabei ist auch dieser Mythos längst widerlegt. Ein Platz im Coworking Space ist schon vom Grundprinzip her günstiger als ein eigenes Büro. Zusätzlich profitieren Nutzer von der gemeinsamen Ressourcennutzung sowie Rabatte durch bspw. Sammelbestellungen. Insbesondere bei gelegentlicher Nutzung eines Büros, wie es zum Beispiel für Unternehmer der Fall ist, die nicht vom Schreibtisch aus arbeiten, aber dennoch hin und wieder Papierkram abarbeiten müssen, kann ein Platz im Coworking Space also weitaus günstiger sein.

Es gibt also viele Vorurteile gegenüber Coworking, die wir so nicht bestätigen können. Einige Klischees mögen zwar (hin und wieder) zutreffen, im Großen und Ganzen gibt es aber viele Mythen, die sich um Coworking ranken, die definitiv (zumindest teilweise) widerlegt werden können.

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Bild: Shutterstock.com/Anel Alijagic