Kreativität und Innovation stehen für viele im Kontrast zu der Enge und dem Stress, den das Großstadtleben zu bieten hat. Jeder, der mal in der Großstadt gelebt hat, weiß, wovon ich rede.
Seit einiger Zeit ist der Trend zu beobachten, dass immer mehr Gründer und Selbstständige auf dem Land bleiben (statt in die Stadt zu flüchten) oder von der Stadt aufs Land ziehen – den immer besser werdenden technischen Infrastrukturen und Angeboten sei Dank. Sie suchen Plätze zum Arbeiten, an denen man noch durchatmen kann, an denen die Uhr noch ein wenig langsamer tickt und das Surrounding Zeit für den eigenen Lebensstil lässt.
Coworking auf dem Land ist schon aus ganz persönlichen Gründen ein spannendes Thema für mich. Auf der COWORK18 habe ich zum ersten Mal von CoWorkLand gehört einem Pilot-Projekt im Norden der Republik: Initiator ist hier die Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein.
Was ist CoWorkLand?
Beim CoWorkLand kommt der Coworking-Spaces als PopUp-Arbeitsplatz zum Coworker – an neun Orten zwischen Hamburg, Kiel und Ostseeküste. Es handelt sich dabei um ausgebaute Frachtcontainer mit 8 Arbeitsplätzen und mehreren freien Arbeitsgelegenheiten auf der Terrasse. Ein solcher ‚PopUp Coworking Space‘ wird sozusagen zum gemeinschaftlichen Dorfbüro.
Mit Halt an verschiedenen Orten wie Seeufern, Stränden, alten Gutshöfen, etc. wird Interessierten der Umgebung dabei ein attraktiver Arbeitsplatz in entspannter Atmosphäre und gutem Internetzugang geboten. Collaboration, Communication, Concentration und Chill-Out an tollen Orten.
Welche Idee steckt dahinter?
Der Sinn des Projekts ist zu testen, ob in den ländlichen Regionen Schleswig-Holsteins Bedarf an Coworking Spaces besteht. Mit Design-Thinking-Workshops wird an Themen gearbeitet, die von Unternehmen und Vereinen der Umgebung vorgeschlagen werden. Im Vordergrund steht dabei das Ziel, ein produktives Netzwerk zwischen Wissensarbeitern und Handwerkern, Landwirten und anderen Selbständigen zu entwickeln, das gemeinsam an innovativen Lösungen rund um Energiewende, Agrarwende, oder neue Wohnkonzepte arbeiten kann. Zusätzlich werden Seminare und Vorträge zum Thema neues Arbeiten, Digitalisierung (Kanban, Sketchnoting, 3D-Druck, VR, Hausautomatisierung, Tiny Houses, Urban Gardening etc.) und Coworking geboten. Mit Foodtrucks und gutem Kaffee ist dabei natürlich auch für das leibliche Wohl der kreativen Köpfe gesorgt.
Ulrich Bähr (Xing), Projektleiter des CoWorkLand bei der Heinrich-Böll-Stiftung, sieht noch viel notwendige Überzeugungsarbeit und akuten Handlungsbedarf: „Viele Menschen leiden unter der Pendelei, und könnten sich Coworking auf dem Dorf vorstellen – doch die Gespräche zeigen, dass hierfür ein Struktur- und Kulturwandel auf Arbeitgeberseite nötig ist. Denn die Menschen sehen zu viele Hürden, die Coworking auf dem Land scheinbar unmöglich machen, wie zum Beispiel Akten, die im Büro bleiben müssen, oder Programme, die nur im Firmennetzwerk funktionieren. Andererseits wünschen sie sich, von diesen Zwängen befreit zu werden. Ein dickes Brett. Dabei ist jetzt ein schnelles Umdenken gefragt – in Kiel werden Fahrverbote diskutiert, um den Stickoxidausstoß zu reduzieren, der maßgeblich von Pendlern erzeugt wird.“
Und danach?
Das langfristige Ziel der Aktion ist es, Gründer und Selbstständige zu inspirieren ebenfalls Coworking Spaces auf dem Land zu entwickeln – in der alten Scheune, dem Dorfkrug, da wo es gerade passt. Dafür sollen die Teilnehmenden durch das Projekt ermutigt und durch das Coaching fit gemacht werden. Neben Informationen und Tools, die online zu finden sind, wird für Entschlossene nachträglich zudem das Qualifizierungsprogramm ‚How to Cowork‘ als Unterstützung angeboten. Was die Veranstalter sich davon erhoffen: Die Digitalisierung und den Gründungsgeist auf das Land zu bringen.
CoWorkLand arbeitet eng zusammen mit dem Projekt „Aktivierung des ländlichen Raums“ der Wirtschaftsförderung Rendsburg-Eckernförde und der Wirtschaftsförderung Plön, die die Anwendung von CoWorking-Konzepten in den Gründungszentren der Kreise vorbereiten.