Coworking-Spaces: Ein Erfolgsgarant für Startups – Kapitel 5 – Fazit

 

5 Fazit

Diese Arbeit hat im Rahmen der Forschungsfrage “Tragen Coworking Spaces zu dem Erfolg von Startups bei?” versucht die Ideen hinter dem Konzept der Coworking Spaces auf Startups zu beziehen. Wie können GründerInnen nun davon profitieren ihr junges Unternehmen in einem Coworking Space anzumelden oder selbst die Räumlichkeiten als Coworker zu nutzen?

Bezogen auf die Kosten, wäre die Arbeit im Homeoffice kostengünstiger als der monatlich Beitrag, welcher für die Nutzung eines Coworking Spaces verlangt wird. Besonders ganz zu Beginn der Gründungsphase können die monatlichen Gebühren eine zu starke und oft nicht tragbare finanzielle Belastung darstellen (vgl. Brown 2017). Daher spielen Kostenfaktoren ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidung in einem Coworking Space zu arbeiten (vgl. Brodel et al. 2015). Bestehen jedoch Förderungsprogramme oder ausreichend eigene finanzielle Mittel steht dort eine weitaus bessere Infrastruktur zur Verfügung, welche besonders in der Startup Phase und auch in den frühen Wachstumsphasen von entscheidendem Vorteil sein kann. Ist das junge Unternehmen erfolgreich und werden mehrere Mitarbeiter angestellt, würde es sich aber wahrscheinlich lohnen in eigenen Büroräumlichkeiten umzusiedeln, da die die monatlichen Beitrage in einem Coworking Space für mehrere Personen, einer Miete für eine kleine Wohnung ähneln. Aus Kostensicht wäre das Arbeiten von zu Hause oder von Cafés aus zwar kostengünstiger, die entscheidenden Gründe für die Arbeit in einem Coworking Spaces bestehen nämlich, wie bereits erwähnt, aus anderen Vorteilen. So lässt sich sagen, dass es für GründerInnen zu Beginn, je nach finanziellen Mitteln und Teilnahme an Accelerator- oder ähnlichen Programmen, durchaus sinnvoll sein könnte einen Coworking Space zu nutzen. Denn bezogen auf die Motivation von GründerInnen, sich tagtäglich mit ihrer Geschäftsidee auseinanderzusetzen, können Coworking Spaces durch die Arbeitsatmosphäre und Anwesenheit von Gleichgesinnten eine gewisse Zugkraft für die GründerInnen entwickeln. Nach Brown (2017) sind durch diese professionelle Arbeitsatmosphäre Coworker meist produktiver, was besonders für JungunternehmerInnen wichtig sein könnte, um zu lernen wie man einen selbstständigen Arbeitsalltag strukturiert. Ebenso wird durch die klare physische, aber auch mentale Trennung von dem eigenen Heim und dem Arbeitsleben eine bessere Work-Life Balance gewährleistet.

Bezogen auf das Netzwerken, aber auf die Inspiration und Kreativität, sollten sich GründerInnen zunächst bewusst sein, dass wie bereits erwähnt, ein Coworking Space weitaus mehr ist, als die Kombination einer gut ausgestatteten Bibliothek und einem Café. Eine der wichtigsten Eigenschaften von Coworking Spaces ist, nach Brinks (2012) sowie Jakonen et al. (2017), die Plattform für zufällige Begegnungen. Immer wenn Menschen in Bewegung sind, können solche Begegnungen stattfinden, sei es nun auf dem Weg zur Kaffeemaschine, in die Lobby, in die Küche oder auch die Bewegung zu einem gemeinsamen Ziel hin. Diese „serendipitous encounters“ kommen nicht immer und nicht in jedem Coworking Space automatisch zustande, sondern sind vielmehr ein Resultat von richtigem Management. Die Rolle des Coworking Hosts, also dem oder der BetreiberIn des Spaces, ist somit eine wichtige Voraussetzung für diese Begegnungen. Diese/r sollte Events organisieren, wo GründerInnen sich leichter untereinander sowie mit etablierten Unternehmen vernetzen können (vgl. Jako- nen et al. 2017). Bei der Auswahl eines Coworking Spaces sollten Angebote von solchen Events also genauso berücksichtigt werden. Auch der Zugang zu Mentorenprogrammen ist durchaus wichtig (vgl. Jakonen et al. 2017). GründerInnen sollten gleichzeitig auch diese Chancen wahrnehmen das eigene Netzwerk und Wissen zu erweitern und auszubauen. So ist ein aktives Engagement und auch die Motivation Wissen auszutauschen und zu kollaborieren fundamental (vgl. Capdevila 2014). Denn wie die Netzwerk-Erfolgs Hypothese für sich beansprucht besteht eine positive Beziehung zwischen Netzwerkaktivitäten von GründerInnen und deren Unternehmenserfolg, so ist ein umfangreiches und qualitativ passendes Netzwerk häufig erfolgsfördernd.

Auch nach Parrino (2015) ist ein gutes Management und ein moderierter Netzwerk-Austausch essentiell, um Kollaborationen zwischen Coworkern zu fördern. Und diese Kollaborationen sind für Startups besonders relevant. GründerInnen sollten sich ebenfalls bewusst sein, dass die reine physische Anwesenheit nicht ausreicht, um das Potential eines Coworking Spaces zu nutzen. Spinuzzi (2012) geht davon aus, dass dennoch viele Coworker häufig Coworking Spaces als Möglichkeit des “working alone, together” nutzen. Diese unterschiedlichen Erwartungen von Coworkern stellen eine Herausforderung dar. Während manche das Nebeneinander-Arbeiten bevorzugen, erwarten andere auch ein Miteinander-Arbeiten. Das Nebeneinander-Arbeiten führt dabei zu einem sozialen Austausch nach der Arbeit oder in Pausen und gegenseitigem Vertrauen, sodass man bspw. auch einmal seinen Laptop auf dem Tisch stehen lassen kann. Von diesen NutzerInnen wird der Coworking Space dann meist auch als Plattform für Kundenmeetings oder als professionelle Geschäftsadresse genutzt. Coworker, welche erwarten kooperativ zusammen zu arbeiten, zielen auf spezifisches Feedback und Lerntechniken von anderen in ihrer Branche ab. GründerInnen lassen sich nach Spinuzzi (2012) eher dieser Gruppe zuordnen. Die Ziele sind hier vielmehr Partnerschaften oder sogar Subcontracting. Nach der Rollenverteilung von Reuschl und Bouncken (2016), wären GründerInnen demnach ebenfalls eher Learner oder Socializer. Die unterschiedlichen Gruppen benötigen jedoch dann unterschiedliche Serviceleistungen und Aufmerksamkeiten. Daher sollten sich GründerInnen einen Coworking Space aussuchen, welcher ebenfalls eher von Learnern und Socializern genutzt wird, um den gegenseitigen Austausch und zufällige, gewinnbringende Begegnungen zu begünstigen. Coworking Spaces werden nämlich dann zu Schelling-Points, wenn NutzerInnen antizipieren dort auch andere gleichgesinnte Coworker zu treffen, sich austauschen zu können und gemeinsam Projekte durchzuführen. Coworking Spaces bieten daher einen gemeinsamen Kontext in der Gründungsszene in welchem die Akteure nützliche Informationen preisgeben können, um ihre Unsicherheit zu verringern, einander zu identifizieren und sich miteinander in Aktivitäten zu engagieren, die Vertrauen schaffen und Kooperation ermöglichen.

Es ist allerdings auch wichtig festzuhalten, dass das typische Coworking-Modell an sich nicht automatisch einen erfolgreicheren Geschäftsstart mit sich bringt. Die gemeinsamen Ziele und Herausforderungen können zwar erste Arbeitsgemeinschaften und einen fruchtbaren Austausch ermöglichen. Damit werden dann Peer-Learning und Mentoring-Funktionen, sprich wertvolles soziales Kapital für GründerInnen bereitgestellt, was sonst in kreativen Bereichen und im Homeoffice nicht immer zwangsläufig geboten wird (vgl. Capdevila 2014). Dennoch ist die Einmietung in einem Coworking Space kein Erfolgs-Versprechen für ein Startup. Nicht immer stehen den JungunternehmerInnen alle Verbindungen zur vollen Verfügung bereit und nicht immer sind die älteren Coworker bereit ihr Wissen und ihre Erkenntnisse mit ihnen zu teilen (vgl. Brown 2017). Dennoch fördern und erleichtern Coworking Spaces Gründungsabsichten und die Selbstwirksamkeit des Gründungserfolges, wenn die richtigen Voraussetzungen gegeben sind (vgl. McGee et al. 2009). Coworking Spaces können so zu einer Keimzelle für Unternehmungsgründungen werden. Denkbar ist, dass das Mentoring, Gründungsförderung, Trainingsangebote und Netzwerkkontakte einen maßgeblichen Einfluss auf das Bestehen und Weiterentwickeln der Geschäftsmodelle der GründerInnen ausüben. Entscheidend könnte auch die Anbindung des Coworking Spaces an eine Universität, ein Technologiezentrum, einen Inkubator oder ein Kulturzentrum sein (vgl. Reuschl und Bouncken 2016). Und auch die leichtere Verknüpfung mit etablierten Unternehmen, können schon in frühen Phasen der Unternehmensentwicklung wichtige Hilfestellungen bieten.

Coworking Spaces wurden geschaffen, um die Bedürfnisse einer neuen Generation an ArbeiterInnen zu erfüllen. Trotz der vielen Vorteile, welche diese mit sich bringen, sollten GründerInnen sich aber auch bewusst sein, dass Coworking Spaces kein Ersatz für die Arbeit in einem Büro sind. Wichtige Themen wie betriebliche Gesundheitsförderung werden hier bspw. nicht angesprochen. Besonders JungunternehmerInnen sollten sich den Gesundheitsrisiken von selbstständiger Arbeit, wie bspw. Einkommensunsicherheit, Zeitdruck und anderen Stressfaktoren bewusst sein (vgl. Clasen 2008). Zukünftig könnten die BetreiberInnen z.B. auch Beratung zu Stressabbau, interne Yogastunden oder Vergünstigungen in Sporteinrichtungen anbieten, um den Coworkern noch mehr Annehmlichkeiten zu bieten. Um Coworkern und damit auch GründerInnen das Nutzen eines Coworking Space zu erleichtern, könnten die BetreiberInnen zudem eine App zur Verfügung stellen, mit der die Anzahl der freien Tische und Konferenzräume schon von unterwegs aus angezeigt werden.

5.1 Limitationen und weiterer Forschungsbedarf

Zunächst muss festgehalten werden, dass die durchgeführten Interviews keinerlei Anspruch auf Repräsentativität haben, sondern lediglich genutzt wurden, um die entsprechende Literatur zu untermauern und die Annahmen kritisch zu überprüfen. Zudem wurden die formulierten Annahmen auf Grundlage von relevanten Internetforen formuliert, um einen umfassenden Überblick zu erhalten. Die daraus gezogenen Kategorien haben das Vorgehen der Arbeit entscheidend geprägt, sind aber dennoch subjektiv und ausschließlich auf Grundlage der gängigen Besonderheiten von Coworking Spaces entstanden.

Es wird zudem ersichtlich, dass in der Literatur der Begriff Coworking häufig unterschiedlich und manchmal sogar widersprüchlich definiert und mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt worden. Daher sollte sich zukünftige Forschung weiter damit auseinandersetzten die verschiedenen Aktivitäten zu unterscheiden und stärkere Verbindungen zu theoretischen Erklärungen zu finden, welche die empirischen Daten und Feldbeobachtungen unterstützen (vgl. Waters-Lynch et al. 2016). Und auch der Einfluss von netzwerkbasierten Inkubatoren auf die Performance und damit den Erfolg eines Startups könnte durch zukünftige Arbeit genauer betrachtet und analysiert werden.

Ebenso existieren, trotz der immer größer werdenden Popularität von Coworking Spaces, zum jetzigen Zeitpunkt kaum Erkenntnisse und empirische Befunde zu den Arbeitsbedingungen in Coworking Spaces unter motivationalen und arbeitsgesundheitsrelevanten Aspekten. Zukünftige Forschung könnte sich auf Zusammenhänge zwischen Arbeitsbelastungsfaktoren, Arbeitsressourcen und entsprechenden Gesundheits- und Leistungsparametern von Coworkern fokussieren.

Offensichtlich wurde auch, dass Coworker unterschiedliche Intentionen und Motivationen hinter der Nutzung eines Coworking Spaces aufweisen und GründerInnen sich daher damit auseinandersetzten müssen, ob sie überhaupt soziales Kapital und Hilfestellungen für die monatlichen Gebühren erhalten werden. Denn das sind die wahren Vorteile, welcher ein Coworking Space mit sich bringt. Diese unterschiedlichen Motivationen könnten zukünftig noch mehr auf GründerInnen abgestimmt werden, um den Wissensaustausch und die Infrastruktur dann individueller anpassen zu können.

5.2 Ausblick

Coworking Spaces sind eine Antwort und Adaption auf die unterschiedlichen individuellen Bedürfnisse, welche auf dem Markt durch neue Arbeitsweisen entstanden sind (vgl. Potts und Waters-Lynch 2017). Die traditionelle Entscheidung zwischen allein von zu Hause zu arbeiten oder in einem Büro als Angestellte/r wird nun durch dieses neues Phänomen, um eine weitere Arbeitsmöglichkeit, einem Dritten Ort, ergänzt. Coworking hat damit hohe Erwartungen bezüglich der Verbesserung der sozio-ökonomischen Arbeitsbedingungen von selbstständigen WissensarbeiterInnen und damit auch GründerInnen hervorgerufen (vgl. Gandini 2015).

Wie es scheint, ist dieses Phänomen nicht nur eine kurzfristige Erscheinung, sondern hat sich den veränderten Arbeitsbedingungen angepasst und wird daher auch noch langfristig Bestand haben. Wenn die ArbeiterInnen weiterhin noch mobiler und selbstständiger werden, lässt sich sogar erwarten, dass Coworking und Variationen davon noch weiter zunehmen werden. Bisher verlaufen die Diskussionen über dieses Phänomen meist noch über Internetforen, Businessplänen, Guidelines und Medien. Doch die Forschung nimmt sich dieser Entwicklung immer mehr an. Tobias Kollewe ließ in seinem Interview verlauten, dass die Wissensarbeit auch weiterhin eine große Rolle inhttps://www.cowork.de/team/tobias-kollewe/ Deutschland und weltweit spielen wird, und der Trend wohl zu mehr selbstständiger Arbeit und Gründungsgeist gehe. Zwar seien Coworking Spaces noch relativ unbekannt, aber besonders für Entrepreneure in der Gründungsphase eine große Bereicherung. Besonders wenn diese schon während ihrer akademischen Laufbahn mit selbstständigem Arbeiten in Berührung kommen und dadurch wichtige Grundlagen erlernen. Voraussetzung dafür sind dann Förderungsprogramme, Acceleratoren oder Inkubatoren, um die finanziellen Hürden eines Coworking Spaces zu überkommen und die Vorzüge voll ausnutzen zu können. Coworking Spaces sind somit ein Konzept für die Zukunft, aber durchaus schon ein funktionierendes Konzept der Gegenwart.