Tobias Kollewe, Präsident des Bundesverband Coworking Spaces Deutschland, legt in seinem Gastbeitrag dar, warum die Insolvenz von WeWork keine negativen Folgen für die gesamte Coworking-Branche hat. Er argumentiert, dass WeWorks Probleme auf spezifisches Missmanagement zurückzuführen sind und stellt klar, dass WeWork nicht repräsentativ für das Konzept des Coworkings steht. Trotz des aktuellen Falles sieht Kollewe eine vielversprechende Zukunft für echte Coworking-Modelle.

Das Schicksal von WeWork sorgt weltweit für Schlagzeilen. Ein Unternehmen, das einmal als der leuchtende Stern am Proptech-Himmel galt, hat nun Insolvenz angemeldet. Als Präsident des Bundesverbandes Coworking Spaces Deutschland (BVCS) sehe ich mich in der Pflicht, eine klare Linie zwischen dem Scheitern von WeWork und der Gesundheit der gesamten Coworking-Branche zu ziehen.

Fehltritte eines Visionärs: Adam Neumann und WeWork

Adam Neumann, der charismatische Gründer von WeWork, wird oft als Gesicht des schnellen Aufstiegs und des ebenso raschen Falls des Unternehmens gesehen. Unter seiner Führung wuchs WeWork rasant, gepaart mit einer Vision, die weit über das Vermieten von Büroflächen hinausging. Doch mit dem Wachstum kamen auch Vorwürfe des fragwürdigen Geschäftsgebarens.

Berichte über Neumanns exzentrischen Führungsstil, seine riskanten Finanzentscheidungen und persönlichen Bereicherungen haben das Bild eines Unternehmens gezeichnet, das mehr durch den Kult um eine Person als durch nachhaltiges Wirtschaften geprägt war. Es waren nicht zuletzt seine Versuche, WeWork kurz vor dem geplanten Börsengang mit einer enorm überhöhten Bewertung zu versehen, die Investoren und Analysten skeptisch machten.

Die Unternehmenskultur, die Neumann förderte, schien weniger auf langfristige Rentabilität und mehr auf eine Mischung aus Party-Atmosphäre und grenzenlosem Optimismus ausgerichtet zu sein. Obwohl diese Aspekte anfangs zum Image von WeWork beitrugen und viele junge Unternehmer und Startups anzogen, wurden sie später als Teil des Problems erkannt.

WeWork vs. Coworking: Eine Frage der Definition

Es ist essentiell, zwischen WeWork als einem Anbieter von Büroflächen und dem eigentlichen Konzept des Coworking zu unterscheiden. Coworking basiert auf dem Prinzip des Teilens von Arbeitsräumen, Ressourcen, Ideen und einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Der Kern dieses Modells ist die Flexibilität – sowohl in räumlicher als auch in finanzieller Hinsicht – und der Aufbau einer unterstützenden Community.

WeWork hat auf den ersten Blick einige Ähnlichkeiten mit Coworking-Spaces. Sie bieten flexible Büroflächen in attraktiven Lagen und versuchen, eine Gemeinschaft zu kreieren. Aber hier enden die Gemeinsamkeiten auch schon. WeWork positionierte sich schnell als Premiumanbieter und richtete seine Angebote vorwiegend an Großunternehmen, was einen signifikanten Unterschied in der Preisgestaltung und der Zielgruppe zur Folge hatte. Das Angebot von WeWork umfasste hauptsächlich feste Büroflächen statt Flexdesks und Daypasses, die für echtes Coworking essentiell sind. Hinzu kam, dass der Gemeinschaftsaspekt oft in den Hintergrund trat, wodurch ein wesentliches Element dessen, was Coworking ausmacht, fehlte.

Die Wahrnehmung von Coworking bleibt ungetrübt

Trotz der Krise bei WeWork bleibt die Coworking-Branche auf einem soliden Wachstumspfad. Die Werte von Coworking – Gemeinschaft, Flexibilität, Offenheit – sind unangetastet und weiterhin attraktiv für Freelancer, Startups und zunehmend auch für etablierte Unternehmen. Die Idee des Coworkings hat sich weit über das ursprüngliche Konzept hinaus entwickelt und ist zu einem festen Bestandteil des modernen Arbeitsmarktes geworden.

Die aktuellen Zahlen und die Stimmung in der Branche bestätigen dies. Während WeWork vielleicht ein prominentes Beispiel für Missmanagement und Überexpansion ist, zeigen viele andere Coworking-Anbieter, dass das Modell lebensfähig und zukunftsfähig ist. Diese Unternehmen konzentrieren sich darauf, echte Communities zu schaffen und bieten Dienstleistungen und Räumlichkeiten an, die wirklich dem Ethos des Coworking entsprechen.

Blick nach vorne: Coworking als nachhaltiges Modell

Derweil darf man freilich nicht unterschätzen, welchen positiven Einfluss WeWork auf das Thema Flexible Workspace hat. In vielen Bereichen war WeWork Vorreiter, hat das Thema publik gemacht und viel dazu beigetragen, dass auch Coworking als Baustein hybrider Arbeit Anerkennung findet.

Betrachtet man die Entwicklung der Arbeitswelt, die zunehmend Flexibilität und Vernetzung verlangt, steht Coworking auf der Sonnenseite der Veränderung. Die Insolvenz von WeWork kann somit als ein isolierter Vorfall gesehen werden, der spezifische Ursachen hat und nicht als ein Zeichen für eine Branchenkrise missinterpretiert werden sollte.

Als Präsident des BVCS bleibe ich zuversichtlich, dass Coworking weiterhin blühen und wachsen wird. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Rückbesinnung auf die Grundwerte des Coworkings und in der Abgrenzung von Geschäftsmodellen, die sich zu weit von diesen Werten entfernen.

Fazit

Die Geschichte von WeWork dient als Mahnung, dass schnelles Wachstum und hohe Bewertungen nicht unbedingt auf einem soliden Geschäftsmodell beruhen. Es ist eine Erinnerung daran, dass echter Erfolg in der Geschäftswelt aus nachhaltigem Wachstum und einem klaren Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden entsteht. Für Coworking-Spaces auf der ganzen Welt bleibt die Botschaft klar: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in echter Gemeinschaft, Flexibilität und einem nachhaltigen Geschäftsansatz.