In unserer Reihe #SPACES stellen wir  Coworking-Spaces und hybride Flächenangebote aus ganz Deutschland vor. Im heutigen Beitrag geht es um die NEUE DENKEREI in Kassel. Dazu haben wir ein Interview mit Julia Heimeier, einer der Gründerinnen der NEUEN DENKEREI, geführt.

Location NEUE DENKEREI
Friedrichstraße 28, 34117 Kassel
URL www.neue-denkerei.de
Betreiber Madlen Freudenberg, Julia Heimeier
Coworkingfläche 470 qm
Veranstaltungsfläche 310 qm 
Anzahl Schreibtische (fix und flex gesamt) 20+
Gründungsjahr 2018

Portrait

Die Idee, einen Coworking-Space und besonderen Veranstaltungsort in Kassel aufzubauen, hatten Julia Heimeier und Madlen Freudenberg schon lange. Sie haben sich als Kolleginnen in einem größeren Unternehmen kennengelernt und waren für interne Communities und Co-Learning zuständig. Sie waren immer davon begeistert, was passiert, wenn Kollegen unterschiedlicher Abteilungen und Disziplinen zusammenkommen. Schon damals dachten die beiden, dass sie dafür auch außerhalb des Unternehmens einen Ort schaffen müssten. Auch wenn sich ihre beruflichen Wege erst einmal wieder getrennt hatten, war die Idee stark genug, um sich immer wieder zusammenzufinden. 

Die zwei waren einfach begeistert von der Idee, in Kassel einen modernen Ort zu schaffen, der inspiriert, in dem man „Neues Arbeiten“ erleben kann und in dem sie ihre Ideen für Veranstaltungen umsetzen können. 

Obwohl Julia und Madlen durchaus beabsichtigen, mittelfristig ihren Lebensunterhalt über die NEUE DENKEREI zu finanzieren, war ihnen klar, dass in einer Stadt wie Kassel da noch einiges an Pionierarbeit zu leisten sein würde. Wichtig war ihnen, nicht irgendein 0815-Büro oder Ladengeschäft anzumieten, sondern etwas Besonderes, nicht Kopierbares, mit Charakter und Geschichte.
Ende 2016 fingen sie dann an, nach Räumen zu suchen und entdeckten zufällig die NEUE DENKEREI. Sie waren sofort vom Flair begeistert und ihre Idee nahm reale Formen an. Ihre Berufserfahrungen aus dem Wissensmanagement, Event- und Projektmanagement und der Personalentwicklung sind seitdem wichtige Grundsteine ihrer Arbeit und Know-how, das sie an vielen Stellen in ihre Angebote einfließen lassen.
Die NEUE DENKEREI wird von Julia und Madlen als GbR geführt.

Interview mit Julia Heimeier

Wie würdest Du Euren Coworking-Space beschreiben?

Kunden kommen zu uns, da unser Raum im Industrieflair einzigartig ist. Wir haben bei der Ausbauphase mit dem Produktdesigner der Kasseler Kunsthochschule Nils Oertel zusammengearbeitet, damit wir nicht nur einen einzigartigen Raum, sondern sehr individuelle auf den Raum abgestimmte Möbel haben, die Optionen statt Eindeutigkeit bieten. Mit Nils Oertel haben wir auf diesem Weg nicht nur einen überaus kreativen Kopf gefunden, der mit uns ein großartiges Konzept entwickelt hat, sondern der es als gelernter Schreiner auch noch zum größten Teil selbst umgesetzt hat. Somit sind die meisten Objekte in der NEUEN DENKEREI, angefangen bei unseren besonderen flexiblen Trennwänden, mit denen der große Raum auf ganz einzigartige Weise unterteilt werden kann und ungewöhnliche Veranstaltungs-Settings geschaffen werden können. Aber auch die Tische, Regale oder unsere Miet-Küche sind Eigenentwicklungen und selbst gebaut. Nils’ Entwürfe habe so viel Aufsehen erregt, dass er heute für große Unternehmen internene Collaboration Spaces entwickelt. 

Ein weiterer Baustein, der die NEUE DENKEREI ausmacht, ist die Expertise, die mit dem Raum einhergeht. Wer möchte, kann individuelle Workshop-Konzepte beauftragen oder moderieren lassen, z.B. zu den Themen Design Thinking, Neues Arbeiten, Strategie oder Teamentwicklung, ist aber in dieser Wahl auch vollkommen frei.

Alles, was wir tun, soll mit einer Vielzahl an Möglichkeiten einhergehen, so z.B. auch das Catering: Kunden können bei uns selbst kochen, sich beliefern lassen oder auswärts essen. 

Die NEUE DENKEREI liegt in einem geschichtsträchtigen Gebäude, das Anfang des 19. Jahrhunderts vermutlich ein Nebengebäude der ersten deutschen Tapetenfabrik war. Die hohen Räume beherbergten dann bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts die Druckerei der lokalen Kasseler Zeitung. In diesem Zuge sind auch die auffälligen Stahlträgerkonstruktionen eingebaut worden, um die Deckenlast der im ersten Obergeschoss befindlichen schweren Maschinen abzufangen. Danach haben die Räume als Fotostudio ein wenig Dornröschenschlaf gehalten – und hatten die meiste Zeit die historischen Rollläden runtergelassen. Viele Menschen, die zu uns kommen, sind äußerst erstaunt, dass es an dieser Stelle in Kassel einen solchen Raum gibt.
Da wir Geschäftsführerinnen beide auch Design Thinking Trainerinnen sind, war uns von Anfang an wichtig, bei der Ausstattung des Raumes die Bedürfnisse unserer Kunden ernst zu nehmen. Deshalb haben wir erst einmal mit wenig angefangen und immer wieder probiert, Prototypen gebaut, beobachtet und gefragt, wie es unseren Kunden damit geht. Einerseits haben wir damit Wertschätzung gezeigt, andererseits hat uns dies vor Fehlinvestitionen bewahrt und auf einige tolle Ideen wären wir selbst nie gekommen. So arbeiten wir immer noch – wir sind ja nie fertig – permanent beta.
Für die Entwicklung des neuen Coworking-Bereichs sind wir noch vor dem ersten Fingerstreich mit Nutzern ins Gespräch gegangen, um ihre Bedürfnisse bei der Entwicklung zu berücksichtigen.     

Wo liegt Euer Coworking-Space?

In der NEUEN DENKEREI ist man in 2 Minuten aus der Innenstadt, in 10 Minuten vom ICE-Bahnhof und in maximal 3 Stunden von fast überall aus Deutschland. Zentralität und Erreichbarkeit vor allem auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind enorm wichtig für einen Coworking-Space. Nicht nur unsere Kunden profitieren davon – auch wir selbst schätzen die zentrale Lage sehr, z.B. wenn wir Interviewpartner für unsere Design Thinking Workshops suchen oder schnell noch Kaffee nachkaufen müssen, um unsere Veranstaltungsgäste zu bewirten. Die NEUE DENKEREI liegt in einem historischen 4-geschossigen Gebäude, das wahrscheinlich Anfang des 19. Jahrhunderts ein Nebengebäude der ersten deutschen Tapetenfabrik und später die Druckerei der lokalen Kasseler Zeitung war. 

Wie setzt sich die Nutzerstruktur in Eurem Space zusammen? Wer kommt zum Coworking?

Zum Coworking kommen zu uns hauptsächlich Freelancer oder Menschen aus Unternehmen, die ihren „Home-Office-Tag“ bei uns verbringen. Da wir bisher nur freitags für Coworker geöffnet und die restliche Woche für Veranstaltungen vermietet hatten, wird sich erst mit den neuen Coworking-Räumen ab Mitte Februar zeigen, wie sich unsere Coworking-Community zusammensetzen wird.

Was kostet bei Dir/Euch ein Flexdesk / Hotdesk etc. pro Monat?

Ein Flexdesk-Abo kostet bei uns 125 € netto pro Monat. 

Und was kostet ein fester Schreibtisch (Fixdesk) pro Monat?

Wer einen eigenen Schreibtisch im 4er Büro möchte, zahlt pro Monat 249 € netto mit einigen zusätzlichen Inklusivleistungen. 

Welche Leistungen sind für Coworker in Eurem Space inklusive?

Für alle Coworker ist, das ist ja eigentlich schon selbstverständlich, WLAN und Kaffee inklusive. Da wir keinen Tassenautomaten haben, sondern eine klassische Mokka-Master Kaffeemaschine, ist jeder mal dran, für sich und die anderen eine Kanne Kaffee zu kochen. Außerdem inklusive ist die Nutzung der Telefonboxen, die Nutzung des Druckers und Kopierers und die Teilnahme an Community-Veranstaltungen. Außerdem gibt es Prozente auf die Nutzung der Meeting-, bzw. Workshopräume. Wer ein Fixdesk hat, kann außerdem einen eigenen Briefkasten und seine Geschäftsadresse bei uns kostenfrei haben. 

Welche (besonderen) Angebote (Sprechstunden, Yoga, Massagen, Gründer-Frühstück, etc.) können Coworker in Eurem Space erwarten?

Wir bieten unseren Coworkern eine Finanzierungssprechstunde durch einen ehrenamtlichen pensionierten Wirtschaftsprüfer an. Dieser Herr ist von sich aus auf uns zu gekommen, weil er sich neben der Betreuung seines Enkelkindes gern noch nützlich machen und Gründern unter die Arme greifen wollte. 

Direkt neben der NEUEN DENKEREI ist eine Physiotherapie-Praxis, deren Inhaberin bei uns regelmäßig Massagetermine anbietet und freitags starten wir bei unserem Nudel-Freitag gemeinsam glücklich ins Wochenende. 

Thema Nachhaltigkeit: Spielen ökologische Gedanken in Eurer täglichen Arbeit oder in der Ausrichtung Eures Space eine besondere Rolle? Wenn ja, welche?

Wir haben uns in einem Unternehmen kennengelernt, das ein nachhaltiges Ziel verfolgt hat, Madlen hat mehrere Jahre im Umweltbereich gearbeitet und Julia hat sich als Green-Eventmanagerin zertifizierten lassen. Nachhaltigkeit ist uns also ein großes Anliegen. Das fängt dabei an, dass wir versuchen, zu vermeiden, was Ressourcen verschwendet und unnötig ist – z.B. das Trinkglas zur Limo. Die Einbauten in unseren Räumen sind vorrangig aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, wir beziehen Ökostrom und arbeiten mit regionalen Lieferanten und Bio-Caterern zusammen. Wir unterstützen die Initiative „Kassel plastikfrei“ und wollen uns als plastikfreies Unternehmen zertifizieren lassen. 

… und wie lange bleibt Euch der durchschnittliche Coworker treu?

Wir haben eine relativ feste Gruppe, die sich immer freitags in der NEUEN DENKEREI trifft. Es kommen immer mal Menschen hinzu, die das Thema Coworking spannend finden und es ausprobieren möchten. Wir sind uns sicher, dass dieses Interesse mit dem oberen Stockwerk noch zunehmen wird. 

Wie geht es weiter mit bzw. in Eurem Coworking-Space? Was passiert als Nächstes? Was steht an? Was plant Ihr in der Zukunft?

Nach noch nicht einmal einem Jahr nach Eröffnung der NEUEN DENKEREI mussten wir schon eine weitreichende unternehmerische Entscheidung treffen: Wollen und können wir erweitern oder nicht.
Der Wunsch nach weiteren Räumlichkeiten war zwar immer wieder aufgekommen – z. B. wenn wir Buchungsanfragen absagen musste, weil uns Ausweichräume fehlten oder weil wir Coworking bisher nicht so anbieten konnten, wie wir das gern gehabt hätten. 

Im Herbst hat unser Vermieter verkündet, dass die Etage über uns ab Januar 2019 frei würde und gefragt, ob wir Interesse hätten. Nach nur 9 Monaten eine solche Entscheidung zu treffen, ist uns nicht ganz leichtgefallen. Das Herz hat „Ja“ gesagt, der Verstand hat gezweifelt und der Blick aufs Konto hat die Brauen hochgezogen. Aber wer einmal Mut beweist, tut es ein zweites Mal auch und so stecken wir gerade in der Erweiterung und im Ausbau weiterer Räumlichkeiten. In Kürze wird es deshalb bei uns eine eigene Coworking-Etage geben, die montags bis freitags geöffnet ist und kleinere Workshop- und Meetingräume. 

Ein weiteres Ziel für die Zukunft ist, die NEUE DENKEREI in der Region zum Zentrum für das Thema Neues Arbeiten zu machen und entsprechende Veranstaltungen zu uns zu holen sowie unser Workshopangebot – auf Kundenwünsche ausgerichtet – auszubauen.

Und die wichtigste Frage zum Schluss: Wie sieht es bei Euch mit Kaffee aus? 

Wir hatten weder das nötige Budget noch das entsprechende Personal für eine teure Profi-Kaffeemaschine, aber für uns als gebürtige echte Kaffeesachsen (Julia ist in Leipzig geboren, Madlen in Dresden) war guter Kaffee trotzdem absolut wichtig. Also haben wir uns für den Mokka-Master entschieden. Wir haben zwei Stück, so können wir auch für große Veranstaltungen schnell richtig leckeren Filterkaffee kochen. Für unsere Coworker ist Kaffee inklusive. Unsere Veranstaltungskunden zahlen eine Getränke-Flat pro Person.

Fotos: NEUE DENKEREI
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