In unserer Reihe #SPACES stellen wir  Coworking-Spaces und hybride Flächenangebote aus ganz Deutschland vor. Im heutigen Beitrag geht es um den GRÜNDERSAAL in Tübingen. Dazu haben wir ein Interview mit Johannes Freyer, einem der Gründer des GRÜNDERSAALs, geführt.

Location GRÜNDERSAAL
Jurastrasse 27/1, 72072 Tübingen
Web www.gruendersaal.de
Betreiber Cowork Group GmbH
Coworkingfläche Ca 600qm
Veranstaltungsfläche Ca. 200qm
Anzahl Schreibtische (fix und flex gesamt) 45
Gründungsjahr 2018

Portrait 

Eigentlich wollten die beiden Gründer André Goldflam und Johannes Freyer gar keinen Coworking-Space betreiben, geschweige denn eine Coworking-Holding. Eigentlich wollten sie nur den schönsten Arbeitsplatz haben, den man sich als Selbstständiger wünschen kann. Den gab es nämlich noch nicht in Tübingen.

Sie trafen sich 2016 im ersten Coworking-Space von Tübingen, der „Denk-Stube“. Die war als Kostentragungsgemeinschaft organisiert, vier engagierte Coworker teilten sich die Aufgaben. Als dann die Nachfrage stieg und stieg, standen die damaligen Coworker vor der Frage: alle ablehnen oder einen größeren Space schaffen?

Zwei der Coworker, eben André und Johannes, entschieden sich dann für eine Neugründung als GmbH, gleich zusammen mit dem bisherigen Vermieter Gunnar, der in früherem Leben Steueranwalt war und nun sozialen Wohnungsbau betreibt. André führt eine kleine Softwareschmiede, Johannes eine Internet-Agentur.

Von da an ging alles ganz schnell: der Denk-Stube wurde eine neue Immobilie angeboten und ein stadteigener Strukturbetrieb, die Stadtwerke Tübingen, boten sich als Investor, das Space-Wachstum mit zu finanzieren – ein Glücksfall für alle Beteiligten. In den darauffolgenden Monaten entwickelten dann alle in der Denk-Stube den „idealen Arbeitsraum“ für Coworking: den GRÜNDERSAAL.

Interview mit Johannes Freyer

Wie würdest Du Euren Coworking-Space beschreiben?

Der GRÜNDERSAAL ist der ehemalige Tanzsaal des daneben liegenden Gasthauses „Hirsch“. Mitte der 1920er Jahre gebaut, wurden hier früher Hochzeiten, Turn- und Tanzfeste und andere örtliche Gelegenheiten gefeiert. Im Krieg ebbte das Feiern ab und das Gebäude wurde als Militärmetzgerei genutzt, dann wurde es ein Kleiderlager, anschließend zogen die Bezirkskrankenkasse und die Postverwaltung ein und über die Jahre wieder aus. Dann wurde es Studentenwohnheim und schließlich selten genutzte Künstlerräume.

Die weitsichtigen Besitzer wollten den Ort nun wieder zu neuem Leben erwecken. Hierzu sollte das Gebäude kernsaniert und mit neuester Technik (Wärmetauscher, Photovoltaik-Anlage, Bodenheizung und -kühlung) ausgestattet werden. Schnell haben sie sich auf unsere Visionen eingelassen und die Architektur des Hauses mit einem offenen Zentralraum mit breiter Treppe auf das offene Denken von New Work angepasst.

Für uns bot sich die Chance, die kleine Denk-Stube zu skalieren und prototypisch die verschiedenen Aspekte rund um Coworking auszuprobieren. So ist der GRÜNDERSAAL in drei Abschnitte aufgeteilt, die organisatorisch und akustisch voneinander getrennt betrieben werden können. 

Im vorderen Bereich gibt es einen Veranstaltungsraum mit Teeküche, im hinteren Bereich, mit eigenem Eingang, einen Design-Thinking-Raum, der die Gemeinschaftsküche nutzt. In der Mitte öffnet sich der „OpenSpace“ für die Flexdesks, an den sich die verglasten Büros anschließen. Über eine breite Treppe, die auch als Veranstaltungsbühne genutzt wird, geht es hoch in den geschützteren Bereich der Fixdesks und Meetingräume. Ein hohes lichtoffenes Dach schafft das Gefühl von Weite, eine Atmosphäre der Offenheit und der Möglichkeiten.

Wo liegt Euer Coworking-Space?

Der GRÜNDERSAAL liegt in einem südlichen Teilort von Tübingen, ist jedoch eingebettet in ein enges Coworking-Space-Netz in Tübingen. Derzeit betreiben allein wir, die Cowork Group, vier Coworking-Spaces in dem 90.000-Einwohner-Ort mit jeweils unterschiedlichen Zielgruppen. Mindestens zwei weitere Spaces anderer Anbieter sind auch noch auf dem Markt.

Wie setzt sich die Nutzerstruktur in Eurem Space zusammen? Wer kommt zum Coworking?

Im GRÜNDERSAAL haben wir etwa hälftig Selbstständige und Corporates/Start-Ups. Die Selbstständigen kommen mit deutlichem Schwerpunkt aus der IT, als Programmierer, Consultants oder UI-Designer. Auch die Corporates sind mehr oder weniger alle aus der IT-Branche.

Walk-ins wären während der Geschäftszeiten möglich, geschehen aber sehr selten.

Gibt es (schwerpunktmäßig) bestimmte Branchen, aus denen Eure Coworker stammen? 

Eine Zeit lang waren etwa 30% der Coworker mit Themen rund um die Musikbranche beschäftigt, vom Streaming-Dienstleister, über Datenbank-Anbieter bis zu E-Learning oder Web-Anbietern. Heute sind die Themen breiter gestreut, in jüngerer Zeit kommen AI-Themen neu hinzu, die einen Schwerpunkt in Tübingen bilden.

Was kostet bei Euch ein Flexdesk / Hotdesk etc. pro Monat?
Im GRÜNDERSAAL 199,- € (netto), in unseren anderen Spaces ab 99,- €

Und was kostet ein fester Schreibtisch (Fixdesk) pro Monat?

Im GRÜNDERSAAL 299,- € (netto), in unseren anderen Spaces ab 249,- €

Welche Leistungen sind für Coworker in Eurem Space inklusive?

Für die regelmäßigen Coworker sind folgende Leistungen inklusive: Arbeitstisch, Premium-Bürostuhl, abschließbarer Container (nur Fixdesk), sämtliche Infrastruktur wie Farb-Drucker, Scanner, Aktenvernichter, Glasfaser-Hochgeschwindigkeits-Internet, Zugang zum Internet per LAN, WLAN oder VLAN (eigene IP möglich), Adresse, Kaffee- bzw. Teeflatrate, Softdrinks zum Selbstkostenpreis, Vorträge und Veranstaltungen von „Tübingen-Digital“, die Nutzung der Meetingräume im Rahmen von Kontingenten.

Welche (besonderen) Angebote (Sprechstunden, Yoga, Massagen, Gründer-Frühstück, etc.) können Coworker in Eurem Space erwarten?

Wir haben die monatliche kostenlose Gründersprechstunde der RKW im Hause, dazu 3x pro Jahr das Gründungsseminar der RKW und Wirtschaftsförderung der Stadt Tübingen, regelmäßige Fortbildungen der IHK, Vorträge durch die Senioren der Wirtschaft, diverse Meetups (z.B. „women in tech“).

Wir veranstalten ein regelmäßiges gemeinsames kulinarisches Event, haben einmal im Monat ein Konzert im OpenSpace. Wöchentliche Kurzevents in der Mitte der Woche setzen Impulse zu ungewöhnlichen Themen.

Thema Nachhaltigkeit: Spielen ökologische Gedanken in Eurer täglichen Arbeit oder in der Ausrichtung Eures Space eine besondere Rolle? Wenn ja, welche?

Nachhaltigkeit und ökologisches Bewusstsein spielen im GRÜNDERSAAL eine große Rolle. Wir produzieren unseren eigenen Strom über eine große PV-Anlage auf dem Dach, Heizung und Kühlung erfolgen über Wärmetauscher. Unsere Möbel stammen größtenteils von regionalen Betrieben, die bei Aufbau beschäftigten Handwerksbetriebe sind alle regional ansässig. Unsere wöchentliche Obstlieferung beziehen wir von einem Bio-Obsthof aus der Nachbarschaft.

Aber auch bei strukturellen Überlegungen im Space suchen wir immer zunächst nach nachhaltigen Wegen.

… und wie lange bleibt Euch der durchschnittliche Coworker treu?

Die weit überwiegende Mehrheit unserer CoworkerInnen kommt, um zu bleiben, wir haben wenig Fluktration. 

Wie geht es weiter mit bzw. in Eurem Coworking-Space? Was passiert als Nächstes? Was steht an? Was plant Ihr in der Zukunft?

In Ermangelung einer großen, zentral gelegenen Immobilie in Tübingen, die für Coworking geeignet wäre, verfolgen wir die Strategie der kleinteiligen Präsenz in der Stadt. Der GRÜNDERSAAL ist nach der kleinen Denk-Stube unser zweiter Coworking-Space in Tübingen. Im Frühjahr 2019 haben wir einen dritten Space eröffnen, der sich an soziale Institutionen wendet. Ein Co-Creation-Space wird im Laufe des Jahres dazukommen, hier steht eine große Werkstatt im Zentrum des Angebotes. Wir freuen uns auf weitere Angebote in der Region in den kommenden Jahren, die entweder von uns oder in Partnerschaft mit uns betrieben werden.

Und die wichtigste Frage zum Schluss: Wie sieht es bei Euch mit Kaffee aus? 

Wir haben einen Kaffee-Vollautomat der Firma Jura. Daneben eine intensive Diskussion, welche Methode der Kaffeezubereitung die Bessere wäre.

Fotos: Joachim Riederer
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