Arbeiten und trotzdem reisen, wohin es einen gerade zieht: Ein Traum, den viele Menschen haben. Vor allem aber auch einer, den sich immer mehr Leute erfüllen. Ein Begriff, der dabei immer öfter auftaucht: Anywhere Worker. Adri ist eine von ihnen und hat schon in zahlreichen Ländern in Coworking Spaces gearbeitet.

„Ich bin am liebsten da, wo es warm ist“, erzählt Adri. Die Grafikdesignerin arbeitet seit dem Abschluss ihres Studiums Ende 2019 freiberuflich und fokussiert sich dabei neben der Arbeit vor allem aufs Reisen. Ihre Aufträge akquiriert sie inzwischen vor allem über die Plattform Fiverr, auf der Freelancer und Unternehmen zusammenfinden können. Das bietet ihr die Möglichkeit, von überall zu arbeiten. Später im Interview erzählt sie von ihren Erlebnissen in den Coworking Spaces verschiedener Länder.

Fiverr und Lonely Planet stellen erste „Anywhere Worker“-Studie vor

„In den letzten Jahren hat sich die Art und Weise, wie und wo wir arbeiten, für Millionen von Menschen auf der ganzen Welt stark verändert. […] Immer mehr Menschen aus allen Gesellschaftsschichten nutzen seither zunehmend die Möglichkeit, die Welt zu bereisen und neue Kulturen zu erleben“, so Gali Arnon, Chief Marketing Officer bei Fiverr. Gemeinsam mit dem Reisemedienunternehmen Lonely Planet hat Fiverr kürzlich die erste „Anywhere Worker“-Studie vorgestellt.

1400 Anywhere Worker – also Personen, die von mindestens zwei Standorten in In- oder Ausland arbeiten und das ganze Jahr über reisen – aus 67 Nationalitäten haben die Erfahrungen geteilt, die sie mit ihrem Lebensstil gemacht haben. Die Studie liefert spannende Ergebnisse.

So stellte sich zum Beispiel heraus, dass 60 % der Anywhere Worker in Vollzeit arbeiten, aber dennoch ihr Leben mit Reisen verbringen. Ganze 70 % der Anywhere Worker sind sogar Eltern. Deutlich wird aber vor allem, dass der Lebensstil der Anywhere Worker durch viele Remote Stellen immer einfacher umzusetzen wird. So wollen fast alle (98 %) der Befragten in absehbarer Zukunft weiterhin gleichzeitig
arbeiten und reisen. Mehr spannende Statistiken und Fakten bietet die gesamte Studie.

Anywhere Workerin Adri

Adrienne Rossow

Anywhere Workerin Adri Rossow auf einer ihrer Reisen

Auch Adri ist Anywhere Workerin. Auf ihren Reisen betreibt sie hauptsächlich House- und Petsitting, um Unterkünfte zu finden. Arbeiten möchte sie aber nicht immer nur von dort aus. Daher entdeckte sie schnell Coworking Spaces für sich. Im Interview erzählt sie uns von ihren Erfahrungen mit Coworking in verschiedensten Teilen der Welt.

Erzähl doch erstmal: Wie kam es dazu, dass du zur Anywhere Workerin geworden bist?

Ich hatte nach meinem Studium 2019 nicht das Ziel, unbedingt Freiberuflerin zu werden. Mein Hauptfokus war, dass ich reisen möchte und dabei arbeiten. Da war es natürlich wichtig, dass ich online arbeiten kann. Damit habe ich auch im Studium schon angefangen. Nach und nach hat sich – auch mit der Hilfe von Fiverr – ein Business entwickelt, mit dem ich mir meinen Wunsch erfüllen konnte. Jetzt bin ich als Grafikdesignerin selbstständig und arbeite von hier und da. Meistens mache ich mich, wenn es in Deutschland kalt ist, auf den Weg ins Warme. Da es in Deutschland sehr oft kalt ist, bin ich also auch oft unterwegs.

Wo bist Du denn gerade?

Jetzt gerade bin ich in Deutschland. Ich bin gestern aus den Niederlanden zurückgekommen. Jetzt bin ich ein paar Tage hier und fahre dann nach Österreich.

Und wie oft arbeitest Du im Coworking Space?

Das hat sich vor allem im letzten Jahr sehr geändert. Am Anfang war ich meist ein oder zwei Wochen an einem Ort, aber ich habe schnell gemerkt, dass ich lieber längerfristig irgendwo bin. Anfang des Jahres war ich zum Beispiel drei Monate in Portugal. Und sobald ich länger als drei Wochen an einem Ort bin, suche ich mir einen Coworking Space. Außer in Spanien, da gibt es super Tages- oder Wochenpreise. Letztes Jahr war ich aber eigentlich jedes Mal, wenn ich irgendwo war, im Coworking Space. Aber auch bevor ich so viel gereist bin, war ich in Berlin in verschiedenen Spaces und habe da einige ausprobiert.

Wo hast Du denn überall schon im Coworking Space gearbeitet?

Oh, da gibt es einige Orte. Wie gesagt vor Kurzem in Portugal. In Malaga war ich letztes Jahr ziemlich lange. Da war ich in einem lokalen Coworking Space, der sehr cool war. Ansonsten war ich in Coworking Spaces in Berlin, in Amsterdam letztes Jahr, in Madrid, London, Barcelona und Athen. Also im Prinzip in allen großen Städten, die es in Europa so gibt. Ich war sehr oft in Spanien, zu verschiedenen Zeitpunkten. Da dann auch in kleineren Orten in kleinen Spaces oder Coworking Cafés.

Wo hat Dir das Coworking am besten gefallen?

In dem Coworking Space in Malaga. Die hatten eine Rooftop Terrasse, auf der man draußen im Schatten sitzen konnte. Da hatte man einen tollen Rundumblick und es war einfach eine tolle Atmosphäre. Es war auch gar nicht laut, weil es eher außerhalb des Stadtkerns war. Dafür aber sehr einzigartig. Aber auch die anderen Coworking Spaces waren gut.

Wie bist Du denn zum Coworking gekommen? Warum wolltest Du das auch nach Deiner Zeit in Berlin weiterhin machen und auf Deinen Reisen nicht einfach im Café oder zu Hause arbeiten?

Das erste Mal im Coworking Space gearbeitet habe ich, als ich in einem StartUp ein Praktikum gemacht habe. Vorher habe ich eine Ausbildung in einem Großraumbüro gemacht. Und im Coworking Space war es ganz anders. Die Atmosphäre, der Vibe und die Art der Menschen sind anders. Damals dachte ich dann, dass ein großes Büro doch gar nicht so schlimm ist, wenn es eben diese Art von Arbeitsplatz ist. Als ich dann fertig war mit dem Praktikum und selbstständig wurde, habe ich zuerst nur zu Hause gearbeitet. Aber das wurde schnell langweilig und in meinem kleinen Zimmer auch nervig. Ich hatte dann aber auch einige Freunde, die im Coworking Space gearbeitet haben und habe mich dann mit denen darüber ausgetauscht. Die haben mich dann mal mitgenommen und ich habe gemerkt, dass es mich total motiviert und ich viel fokussierter bin. Einfach, weil da alle anderen auch arbeiten und man das Gefühl hat, dass man jetzt was machen „muss“. Da habe ich das für mich entdeckt. Vor allem bei Projekten, bei denen ich schnell und fokussiert durchkommen will, ist es total sinnvoll.

Und was war das Wichtigste, das Du beim Coworking mitnehmen konntest?

Vor allem am Anfang war es gut zu sehen, dass es Leute gibt, die auch so arbeiten wie ich. Als ich angefangen habe, gab es das zwar alles schon, auch Fiverr gab es schon. Aber mir war nicht so klar, dass es viele andere Leute gibt, die rumreisen und von überall arbeiten. Ich hatte noch nicht in meinem Kopf drin, dass das möglich ist und es viele Leute gibt, die das erfolgreich machen. Ich habe am Anfang immer gesagt, ich reise zwei bis drei Jahre ein bisschen rum und mache dann was „Richtiges“. Aber das hat sich komplett geändert. Ich habe in Coworking Spaces auch Leute kennengelernt, die immer reisen und trotzdem große Projekte hatten und viel verdient haben. Da habe ich gelernt, dass das ein richtiger Lifestyle ist und man das ganz lange machen kann.

Also möchtest Du das noch lange so weiter machen?

Auf jeden Fall! Ich kann es mir aktuell nicht mehr anders vorstellen. Wenn ich überlege, ich müsste wieder wie vorher an einen festen Ort, merke ich, dass ich das nicht möchte. Und Coworking Spaces werden immer mehr und die Möglichkeiten, von überall zu arbeiten, werden immer besser. Selbst in kleineren Städten gab es dann immer zumindest eine Art Coworking-Café. Die digitalen Nomaden sind überall.

Du hast also als Anywhere Workerin auch schon in eher ländlichen Regionen gecoworkt, aber auch in Großstädten, sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Kannst Du Dir vorstellen, dass Coworking auch in Deutschland in eher suburbanen Regionen funktionieren kann?

Ich könnte mir in sehr ländlichen Regionen vor allem so ein Prinzip wie Coworking Cafés sehr gut vorstellen. Ein Ort, an dem die Leute sich willkommen fühlen, auch Anywhere Worker. Aber eben etwas, das nicht nur auf Coworking basiert. Ich habe aber auch schon über Coworking oder Workation Angebote in Umkreisen von Großstädten gelesen, an die sich die Städter zurückziehen, die mal ihre Ruhe vor der großen Stadt haben wollen. Ich hoffe aber, dass sich Coworking irgendwann überall etabliert, auch im ländlichen Raum. Das wäre ja nur positiv, wenn das funktioniert.

Oft nutzen auch Pendler Coworking Spaces im ländlichen Raum. Die sind zwar angestellt, wollen aber nicht jeden Tag stundenlang fahren, aber auch nicht nur im Homeoffice arbeiten.

Stimmt, das kann ich mir auch gut vorstellen. Wenn ich jetzt hier in meiner Heimat sowas hätte, würde ich da auch auf jeden Fall hingehen. Aber leider gibt es das noch nicht, daher muss ich etwas improvisieren, solange ich hier bin.

Du hast uns jetzt viel über Deine bisherigen Reisen und Erfahrungen erzählt. Was sind Deine nächsten Reiseziele? Wohin möchtest Du in Zukunft noch reisen?

Ich plane schon lange, nach Asien zu gehen. Wegen Corona ging das jetzt lange nicht, aber es ist fest geplant. Ich möchte sehen, wie es dort ist. Da gibt es auch viele Coworking Spaces, die sehr offen sind und in denen man draußen arbeiten kann. Darauf bin ich sehr gespannt. Und die USA stehen auch auf meinem Plan.