Modellprojekt CoWin: Entwicklung und Erprobung eines ‚virtual reality’ gestützten Coworking-Modells für Berufspendler

Die Arbeitswelt verändert sich und besonders junge Unternehmen wie Startups greifen auf innovative Arbeitsmodelle wie Homeoffice und Coworking zurück. In Gelsenkirchen und Marl wird seit 2018 ein Coworking-Modell erprobt und erforscht, welches Digitalisierungsaspekte einbezieht und an Berufspendler gerichtet ist. Mit Smartboard und virtual reality-Konferenzraum soll dabei das Arbeiten an verteilten Standorten unterstützt werden. Das Forschungsinstitut FIAP (Gelsenkirchen) untersucht dabei an 2 Standorten (Gelsenkirchen und Marl), ob und wie das Arbeitsmodell „Coworking“ die Arbeitssituation pendelnder Beschäftigter verbessern kann. Das Förderprojekt ist Teil der Initiative „Umbau 21-SMART REGION“ des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und soll helfen, die Digitalisierung der Region innovativ umzusetzen.

Auf der Suche nach effizienten alternativen Arbeitsmodellen – Homeoffice als Lösungskonzept?

In den letzten Jahren hat sich Homeoffice in vielen Bereichen etabliert und wird unter anderem unter dem Namen Telearbeit von diversen Unternehmen und Behörden praktiziert. Besonders Mitarbeiter letzterer Institutionen werden meist mit entsprechender Technik dafür ausgestattet. Sie wählen sich in der Regel über ein VPN-Netz von Zuhause ein und verfügen über eine Fernsprechanlage, die über den Computer gesteuert wird. Zur Ausstattung gehört auch eine Kamera für Videokonferenzen.
Aufgrund steigender Bedeutung des Arbeitsmodelles Homeoffice gibt es auch eine Vielzahl von Untersuchungen dazu, die verschiedene Aspekte des Konzeptes betrachten. Eine zweijährige Studie der Universität Standford kommt zu dem Ergebnis, dass Homeoffice die Produktivität von Mitarbeitern steigert und Fehlzeiten reduziert. Obwohl das als positiv zu werten ist, klagten die Probanden über Isolation beim Arbeiten von Zuhause.
Eine andere Studie der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen mehr als vier, Männer bis zu sechs Stunden pro Woche an Mehrarbeit ableisten, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Die These „mehr Freizeit, weniger Arbeit“ kann nach den Erkenntnissen widerlegt werden.
Dass Homeoffice auch zu Überstunden führen oder ein Isolationsgefühl hervorrufen kann, spricht dafür, das Arbeitsmodell Coworking als Alternative zum betrieblichen Arbeitsplatz einzubeziehen. Die Hypothese des Projektes CoWin ist, dass dieses Modell unter bestimmten Voraussetzungen zur Steigerung der Produktivität durch selbstbestimmtes Arbeiten führen kann, wenn es gleichzeitig den Arbeitsweg deutlich verkürzt.

Das Modellprojekt CoWin zur Erprobung von VR-gestütztem Coworking im Ruhrgebiet

Coworking versteht sich als eigenständiges Arbeitsmodell, da es mehr als Arbeiten an einem alternativen Ort bedeutet. Schürmann definiert Coworking z. B. als eine Arbeitsform, in welcher voneinander unabhängige Unternehmen, Beschäftigte oder Freelancer/Arbeitsnomaden eine gemeinsame Infrastruktur nutzen, um flexibel jenseits von Homeoffice und (Firmen-)Büro in einer Umgebung zu arbeiten, die sozialen Austausch, Vernetzungsmöglichkeit sowie technische und organisatorische Unterstützung bietet (vgl. Schürmann 2013).
Coworking verbindet die Vorteile eines betrieblichen Ordnungsrahmens und der damit verbundenen sozial-kommunikativen Dimensionen von Arbeit mit der Freiheit und Flexibilität von mobiler Arbeit. Es steht für ein community-orientiertes Arbeitsmodell, das der Isolation mobiler Arbeit entgegenwirkt und eine bessere Qualität für die digitale Arbeit der Zukunft verspricht (vgl. Brinks 2012; Döring 2012; Merkel 2015; Stiefel et al. 2014). (vgl. Klatt et al. 2018: Coworking in NRW)

Durch das neue Erleben des Arbeitsalltages wie durch das selbstbestimmte Arbeiten können gleichermaßen effiziente, kreative Impulse geschaffen werden und zur Produktivitätssteigerung beitragen. Coworken ist mehr ein alternatives Arbeitskonzept mit Mehrwert, wenn es gezielte Maßnahmen zur Kompetenzförderung und zum Networking beinhaltet. Dies geht auch aus der Coworking-Studie des FIAP (2018) hervor.

Gewünschte Dienstleistungen im Coworking-Space (CoWin)

Ein umfassendes Coworking-Modell speziell für pendelnde Beschäftigte wird derzeit im Rahmen des Modellprojektes CoWin an den Standorten Gelsenkirchen (NewWorkLab im Wissenschaftspark) und Marl (Designhaus Marl) vom FIAP umgesetzt und erforscht.

Beschäftigte unterschiedlicher Unternehmen der Region Emscher-Lippe können kostenlos am Forschungsprojekt teilnehmen. In Gelsenkirchen und Marl testen derzeit Beschäftigte der Unternehmen Evonik, GLS Bank, Haniel, der Effizienzagentur NRW und dem Sutter Medienverlag das Coworking-Modell von CoWin.

Durch Workshops zu den Themen Gesundheit, digitaler Technik und Virtual Reality werden die Kompetenzen der Beschäftigten für dezentrales Arbeiten unterstützt. In Gelsenkirchen gibt es zudem noch die Möglichkeit, sich kostenfrei ein Elektroauto zu leihen und durch die Anbindung an den Wissenschaftspark profitiert das Modellprojekt dort von der gegebenen Infrastruktur inklusive einer Kantine. In beiden Coworking-Spaces können die Teilnehmer zudem kostenlos Wasser und Kaffee nutzen, es gibt eine Lounge-Area in Gelsenkirchen und in Marl eine große Küche mit Esstisch. In beiden Open Spaces findet sich zudem eine Ruhezone mit Massagesessel zur Entspannung für die Probanden.
Schnelles Internet durch Glasfaser und ein Drucker sind ebenfalls vorhanden, in Gelsenkirchen verfügt der Konferenzraum über ein innovatives Smartboard.
Als Ergebnis von CoWin wird ein Handlungsleitfaden entwickelt, der an Betreiber von Coworking-Spaces und an Unternehmen gerichtet ist. In verschiedenen Befragungs- und Feedbackrunden werden wissenschaftliche Erkenntnisse zur Modellierung eines optimierten Coworking speziell für PendlerInnen erarbeitet.

Ziel ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pendler, die Förderung der Digitalisierung von Arbeit und die Reduzierung von Pendlerströmen. Dies ist besonders für die Region im Ruhrgebiet bedeutsam, da dort täglich mehrere Millionen Menschen pendeln – die meisten davon mit dem Auto. „Coworking statt Pendeln“ kann als ‚Motto‘ von CoWin verstanden werden. Es soll auch überprüft werden, ob Coworking der Steigerung der Arbeitszufriedenheit dienen kann und welche Gestaltungsaspekte dafür besonders wichtig sind. Als gefördertes Modellprojekt bietet CoWin Unternehmen und Beschäftigten die Möglichkeit, an der Umgestaltung von Arbeitsmodellen mitzuwirken, also den Arbeitsplatz der Zukunft mit zu definieren.

Interesse an einer Teilnahme?

Wenn der Beitrag Ihr Interesse an einer Teilnahme geweckt hat, kontaktieren Sie bitte Frau Sarah Arning unter s.arning@fiap-ev.de. Gerne beraten wir Sie bei der Kommunikation mit dem Arbeitgeber und sind bereit, in einem persönlichen Termin das Projekt CoWin vor Ort zu präsentieren. Die Teilnahme an dem Modellprojekt ist für Unternehmen und pendelnde Beschäftigte kostenlos.