Gesundheit und Ergonomie am Arbeitsplatz sind mit das Wichtigste im Job. Da sind sich Jana und Axel einig. Beide sind Experten für das Thema und tauschen sich heute dazu aus. Axel Minten, Vizepräsident des BVCS, ist Experte und Dozent der Themenbereiche Coworking und NewWork. Jana Kanzler-Görts ist Key-Account-Managerin bei Fellowes, seit Kurzem Kooperationspartner des BVCS. Das Unternehmen stattet bereits seit über 100 Jahren in vierter Generation Büros aus – mit Lösungen, die die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter fördern. Dazu zählen inzwischen über 1000 Produkte, wie zum Beispiel Sitz-Steh-Lösungen. „Die entwickeln wir stetig weiter. Da sehe ich auch weiterhin noch großes Potenzial“, erklärt Jana.

Sitzen ist Gift (?)

Jana Fellowes

Jana Kanzler-Görts ist Key-Account-Managerin bei Fellowes und kennt sich bestens mit Büroausstattung aus, die zu Gesundheit und Wohlbefinden beiträgt. (c) Fellowes®

Das Thema Sitz-Steh-Lösungen bringt auch direkt das erste Gesprächsthema mit sich. „Sitzen ist Gift“ heißt es im Volksmund. Doch woran liegt das überhaupt? „Menschen sind einfach nicht zum Sitzen gemacht“, erklärt Jana. „Aber heutzutage verbringt man den größten Teil des Tages im Sitzen. Am Frühstückstisch, im Auto, im Büro und abends auf der Couch. Das fängt schon im Kindergarten und in der Grundschule an. Wir vermeiden die Bewegung und das ist ungesund. Man sollte sich bewegen, Sitzpositionen wechseln und aktiv nach Bewegungsmöglichkeiten suchen.“ 60 % der Arbeitszeit im Sitzen zu verbringen, 30 % im Stehen und 10 % in Bewegung: Das ist die Aufteilung, die von den Experten von Fellowes empfohlen wird.

Axel Minten

Prof. Dr. Axel Minten ist Vizepräsident des BVCS und Experte und Dozent für Coworking und NewWork, ebenso wie für das Thema Selbstorganisation.

„Ich glaube, dass es nicht das Sitzen an sich ist, sondern die Dauer und auch die Art, in der wir es tun“, so Axel. Durch falsches Sitzen entstehen viele Fehlhaltungen. Wichtig ist zum richtigen Sitzen nicht nur ein ergonomischer Stuhl, sondern auch der passende Tisch. „Das ist auch ein Problem“, bemerkt Axel. „Vor allem in der Pandemie sind viele Leute im Homeoffice. Die sitzen dann im Wohnzimmer am Esstisch und arbeiten. Der ist schick designt und war teuer. Um den ganzen Tag daran zu sitzen und zu arbeiten, ist er aber nicht geeignet. Die richtige Ausstattung spielt da eine große Rolle.“

Ein weiteres großes Problem: der Arbeitsweg. „Wir dürfen nicht vergessen, dass viele Menschen schon stundenlang sitzen, um überhaupt zur Arbeit und zurück zu kommen“, unterstreicht Axel. „In Zügen, in Autos, in Bussen. Da hat sich inzwischen aber schon viel getan. Dezentrale Arbeitsplätze, Coworking Spaces, dritte Orte, geben die Möglichkeit, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu kommen oder eben nur eine kurze Strecke mit dem Auto zu fahren. Das ist fantastisch für die Gesundheit!“

Neue Gewohnheiten – positive und negative

Doch wie haben sich die Angewohnheiten in den letzten Jahren sonst noch geändert? „Mit Sicherheit haben wir uns viele negative Sachen angewöhnt: Gehetztes Essen, keine richtige Pause, Essen am Arbeitsplatz. Das halte ich nicht für richtig“, bemerkt Axel. Er möchte in Hinblick auf diese Frage aber vor allem die positiven Aspekte ins Auge fassen. „Vor 30 Jahren hätte auch niemand an höhenverstellbare Schreibtische gedacht, inzwischen gibt es die fast überall. Sogar Meetings im Gehen sind keine Seltenheit mehr. Ich glaube, unser Verhalten hat sich schon in Richtung Gesundheit entwickelt. Meine tiefe Überzeugung ist aber, dass die Folgen von Stress vergessen werden. Unter Stresshormonausschüttung vergessen die Leute, die Sitzposition zu wechseln oder mal aufzustehen. Wir haben viel getan für die körperliche Gesundheit, aber wenig für die psychische. Daher ist Remote Work – arbeite, wo du willst – auch so ein Herzensthema von mir. Arbeite, wo du willst und wann du willst. Das baut Stress ab.“

Auch Jana findet, dass sich besonders in den letzten Jahren das Bewusstsein für die Themen Gesundheit, Ernährung und Produktivität bei der Arbeit zugenommen haben. „Als die Pandemie kam, fiel aber schnell auf: Das Homeoffice ist eben nicht so gut ausgestattet wie das Büro. Da kam die Frage auf, wie man das Ganze nun optimieren kann. In Hinblick auf Remote Working hat uns das sehr weitergebracht.“

Ergonomische Büroausstattung

Aber worauf achten die Menschen inzwischen am meisten und worauf müssen dadurch Büroausstatter besonders Acht geben? „Ich glaube, dass immer mehr flexible Lösungen gefragt sind, die zu den Bedürfnissen der Mitarbeiter passen“, meint Jana. „Höhenverstellbare Monitore sowie Tische und ergonomische Stühle sollten die Grundausstattung sein. Wir wissen aber, dass das nicht so ist in vielen Unternehmen. Darüber hinaus sollte man auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen. Fußstützen für kleine Personen, Dokumentenhalter gegen Nackenschmerzen, gute Mäuse und Tastaturen. Es gibt diverseste ergonomische Lösungen, um auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen. Jedes Unternehmen und jeder Coworking Space sollte meiner Meinung nach eine Sammelstelle mit ergonomischen Produkten haben, die man dann an die Leute, die vor Ort arbeiten, vergeben kann.“

„Damit ist beim Mikrokosmos Schreibtisch eigentlich alles gesagt“, stimmt Axel zu. „Gerade bei Coworking Spaces halte ich dann noch die Gesundheitsförderlichkeit des Angebots für sehr wichtig. Da halte ich mich an die 4 C’s des Coworkings. Coworker müssen die Möglichkeit haben, sich mal zurückzuziehen und eine Tür zuzumachen. Also Concentration. Dann gibt es Communication und Collaboration. Mit Stehtischen, mit flexiblen Büromöbellösungen. Das sehe ich auch räumlich getrennt, dann haben wir auch die Bewegung im Space. Dann der Bereich Chillout. In manchen Spaces gibt es Sportangebote, einen kleinen Trainingsraum oder Yoga-Räume. Nach oben ist da natürlich alles offen. Was wir aber brauchen, sind gesunde Pausenangebote. Ob das jetzt in der Mensa im Großunternehmen ist oder die Versorgung rund um den Coworking Space.“

„Insgesamt ist es wichtig, den Arbeitgebern bewusst zu machen, wie wichtig das Thema ist, um überhaupt etwas zu bewegen“, findet Jana. Sie ist allerdings der Meinung, dass es nicht Sinn und Zweck der Sache sein kann, Homeoffice-Plätze halbherzig auszustatten. „Dann sollte man eher das Angebot von Coworking Spaces nutzen. Die sind hervorragend ausgestattet und da hat man Networking und einen optimalen Arbeitsbereich. Also sollte man den Mitarbeitern lieber die Möglichkeit geben, dort zu arbeiten als in einem semi-gut ausgestatteten Homeoffice.“

„Allerdings sollte man keines dieser ergonomischen Angebote als Pflicht sehen, nur noch am Schreibtisch zu sitzen“, wirft Axel ein. „Arbeitgeber müssen aushalten können, dass die Ausstattung zeitweise auch ungenutzt bleibt, weil der Mitarbeiter vielleicht gerade draußen auf der grünen Wiese liegt und kreativ ist. Das heißt aber nicht, dass man an diesen Angeboten sparen sollte. Ganz im Gegenteil, das wäre genau der falsche Weg. Ein anderes Mindset und bessere Produkte: Das muss Hand in Hand gehen.“

Gesundheit und Ergonomie am Arbeitsplatz

(c) Fellowes®

Work-Life-Flow durch Selbstorganisation

Doch wie sollte so ein Mindset aussehen? Fellowes hat bereits viele Studien zu solchen Themen realisiert, erzählt Jana. „Die Wissensvermittlung ist uns sehr wichtig. Wir bieten unseren Händlern zahlreiche Workshops an, in denen wir ihnen zeigen, warum wir welche Produktlösungen überhaupt anbieten.“ Die Vermittlung der Individualität ist ihr dabei besonders wichtig. „Für manche ist die Möglichkeit, im Homeoffice zu jeder Uhrzeit arbeiten zu können, perfekt. Aber das ist nicht für jeden was.“ Das Stichwort lautet hier Mental Health. Manchen Menschen fehlt die Trennlinie zwischen Arbeit und Privatleben.

Struktur ist das A und O

Einer der wichtigsten Aspekte beim hybriden Arbeiten ist daher die Selbstorganisation. Aber was brauch es, um sich selbst zu organisieren und seine Arbeit strukturieren zu können, ohne entweder zu viel oder zu unproduktiv zu arbeiten? „Der Kern ist es, dem Tag eine Struktur zu geben“, sagt Axel. „Das klingt simpel, ist es aber nicht.“ Die Kombination aus Homeoffice und Pandemie hat die Tagesstruktur vieler Menschen zerstört, erklärt er. „In den Kalendern ist auf einmal die Pause verschwunden, weil die Leute sagen, im Homeoffice wären sie in einer permanenten Pause. Aber das stimmt nicht. Man muss sich überlegen, wann man aufsteht, wann man kocht. So, dass man einen geplanten Tagesablauf hat.“ Doch Pausen werden nicht nur teilweise ausgelassen, sondern auch falsch gemacht. „Der müdeste Punkt ist der Nachmittag“, so Axel. „Klassischerweise machen wir um zwölf Uhr Mittagspause, aber das passt nicht zu unserer inneren Uhr. Viele sind nicht vor zehn Uhr produktiv. Warum sollen diese Leute um acht anfangen und um zwölf Pause machen?“ Auch hier sieht er große Chancen, durch Remote Work das Wohlbefinden und zu verbessern und klassische Pausenzeiten abzuschaffen.

Tagesstruktur bedeutet aber auch Abgrenzung. Die Möglichkeit, eine Tür zum Büro schließen zu können (oder wenigstens einen Vorhang), gehört genauso dazu wie nicht im Bett zu arbeiten. „Es gibt viele kleine psychologische Tricks, die dabei helfen, Struktur in den Tag zu bringen und abends auch wirklich Feierabend zu machen“, erklärt Axel, der auch Coachings zu dem Thema gibt. „Da können Coworking Spaces natürlich super weiterhelfen. Wenn ich zu Hause nicht die Möglichkeit habe, ein eigenes Büro einzurichten oder merke, dass ich immer wieder auf der Couch lande mit Netflix im Hintergrund, dann kann so ein Ort mir helfen, die Struktur wieder in meinen Alltag zu bringen und sie zu halten.“

Jana arbeitet schon lange hauptsächlich remote. „Ich arbeite viel mit To-Do Listen“, sagt sie. „Calls organisiere ich meist bis maximal 14 Uhr, damit ich nachmittags andere Dinge abarbeiten kann, ohne unterbrochen zu werden. Ohne einen roten Faden wird es schwierig, langfristig produktiv zu sein.“

Wichtig für Coworking Spaces: Flexible Angebote

Aber wie flexibel sollten Angebote von Coworking Spaces sein, um all diesen Punkten gerecht zu werden? „So flexibel wie möglich“, sind sich Axel und Jana einig. Dazu gehört neben verschiedenen Buchungstarifen auch das Angebot von Rückzugsmöglichkeiten zum konzentrierten Arbeiten und Telefonieren. Gleichzeitig braucht es gut ausgestattete Küchen und Pausenmöglichkeiten. „Damit meine ich keine Kochplatten und einen Ofen, aber es sollte möglich sein, eine gesunde und schöne Pause einzulegen“, betont Axel.

Nach oben hin sind die Möglichkeiten der Angebote selbstverständlich offen. „Die Basis ist aber – und das wird sicher auch nach den pandemischen Zeiten wiederkommen –, dass wir viel mit Kooperationspartnern arbeiten“, sagt Axel. Dabei stellt er sich zum Beispiel Kurse zu gesundem Essen, Sitzschulungen und Yoga- oder Physiotherapiestunden vor.

„Für mich ist das Thema Coworking immer im gleichen Atemzug mit Networking-Angeboten zu erwähnen“, so Jana. „Egal, wie ein Coworking Space aufgebaut ist, man hat immer die Möglichkeit, zusammenzukommen und der Community beizuwohnen – sowohl während der Arbeit als auch danach. Ich finde, das muss und sollte man nutzen. Das ist meiner Meinung nach der größte Pluspunkt daran, in einem Coworking Space zu arbeiten.“ Auch sie selbst arbeitet immer wieder in verschiedenen Spaces, trotz dass sie zu Hause ein perfekt ausgestattetes Homeoffice hat. „Jeder Coworking Space hat eigene Ideen und ist irgendwie anders. Vieles konnte man sich vorher gar nicht vorstellen. Ich bin jedes Mal wieder begeistert“, schwärmt sie.

Fellowes

(c) Fellowes®

Das Wichtigste

Aber was ist das Wichtigste, um gesund zu arbeiten? „Ich denke, es ist das Gesamtpaket“, meint Jana. „Erkennen, dass viele Dinge eine große Rolle spielen, um einen Mehrwert am Arbeitsplatz schaffen zu können.“ Doch um das zu erkennen, findet sie vor allem Aufklärung wichtig. „Um zu reflektieren, was man braucht, sind das Wissen und die Erkenntnis darüber unabdingbar.“

„Da kann ich nur zustimmen“, meint Axel. Eine Sache ist ihm aber besonders wichtig: Ehrlichkeit. „Wir haben uns die Ehrlichkeit zu sehr abgewöhnt. Wir müssen merken, was uns guttut und was wir uns wünschen. Uns ist die Ehrlichkeit verlorengegangen, weil wir den Fokus zu sehr auf Produktivität und Umsatz legen. Viele Menschen sprechen Belastungen und Wünsche nicht mehr aus. Unter anderem aus Angst, dass diese bei anderen komisch ankommt. Diese Gedanken müssen wir loswerden.“ Sowohl Jana als auch Axel finden: Alles ist erlaubt, solange man sich dadurch bei der Arbeit wohlfühlt.

Als neuester Kooperationspartner bietet Fellowes den Mitgliedern des BVCS verschiedene Angebote rund um das Thema Gesundheit und Ergonomie am Arbeitsplatz. Mehr Informationen und Kontaktaufnahme finden sich hier.

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