Graham Pardoe ist Senior Project Manager „Construction Projects & Workspace Concepts “ bei der Deutsche Lufthansa AG. Nicole hatte die Gelegenheit, mit ihm über Corporate Coworking bei der Lufthansa zu sprechen.

Welche Coworking-Spaces hat die Lufthansa und wann wurde diese gegründet? Wir haben das X-Space und das Q-Lab in Frankfurt. Beide Spaces haben wir Ende 2017 eröffnet und sind Pilotprojekte, die wir testen. Dies ist wichtig, um nach der Evaluierung ein Standartprodukt für die ganze Lufthansa-Group zu etablieren. Zudem hatten wir 2015 in Berlin ein Innovation Hub, in welchem wir mit Start-ups aus der Reisebranche zusammengearbeitet haben.

Was war der Grund zur Eröffnung der Coworking-Spaces und wie wichtig ist es für Lufthansa sich an die Transformation von Arbeit anzupassen?
Sehr wichtig, das war auch der Grund für die Eröffnung. Es ist notwendig, sich an die Digitalisierung und die daraus resultierende Mobilität, Flexibilisierung – und nicht zuletzt die ganzen Megatrends anzupassen. Die Lufthansa konzentriert sich seit ca. 3 Jahren auf die Themen New Workspace, neue Arbeitswelt etc. Dies ist unser Standardkonzept. Ich komme auch aus dem Real-Estate-Bereich. Gemeinsam entwickeln wir seit 3 Jahren für die ganze Lufthansa-Group weltweite Workspace-Konzepte. Jedoch haben wir vor einem Jahr gemerkt, dass das nicht genug ist: Im August 2017 kam unser Personalvorstand mit dem Einwand, dass es vermehrt Projekte gibt, die neue Arbeitstechniken und ein agiles Arbeiten erfordern. Dafür hatten wir aber keine räumliche Lösung. Die Coworking-Spaces sind unsere Antwort darauf.

Was für ein Ziel wurde mit der Eröffnung der Coworking-Spaces verfolgt?
Das Ziel des Innovation Hubs war die Generierung von neuen, innovativen Ideen, um diese geschäftlich nutzbar zu machen. Bei den Coworking-Spaces sind zwei wesentliche Aspekte relevant: Zum einen, die Organisationsstruktur zu verändern, von einer Linienorganisation zu einer Matrixorganisation. Das heißt, den Fokus auf die Unternehmenskultur zu legen. Dabei spielen offene Strukturen vor allem in der Vorstandsebene eine große Rolle. Sowohl das Vorstandsmitglied als auch ein Mitarbeiter – beide nutzen gemeinsame Ressourcen. Dies generiert Vertrauen bei den Mitarbeitern und schafft kurze Informations- und Kommunikationswege. Zum anderen wird natürlich versucht, die Zusammenarbeit und Kommunikation der Mitarbeiter so effizient wie möglich zu gestalten und die Innovation weiter voranzutreiben.

Holen Sie sich Feedback bei den Mitarbeitern ein?
Ja, das ist der zentrale Punkt bei Lufthansa: die Mitarbeiterbeteiligung am Innovationsprozess. Das muss man natürlich wollen, denn es kostet Geld und Zeit, aber es lohnt sich auf jeden Fall. Das heißt, wir führen Nutzerworkshops durch, um herauszufinden, welche Ressourcen benötigt werden. Weiterhin tauschen wir uns mit vielen anderen Unternehmen aus, denn auch sie reagieren auf die veränderte Arbeitswelt. Wir tauschen uns mit der Deutsche Bank, Telekom, Siemens oder auch dem Fraunhofer-Institut aus.

Wie sind die Coworking-Spaces aufgebaut?
Hinsichtlich der Mitarbeiterbeteiligung treiben wir es hier bis auf die Spitze: wir lassen die einzelnen Teams die Räumlichkeiten selbst gestalten. Die Mitarbeiter können aus einem Baukastensystem verschiedene Module auswählen. Nach Einzug der Teams können noch Änderungen stattfinden, und es finden kontinuierliche Feedbackrunden statt. Dies maximiert natürlich die Akzeptanz und die Identifikation. Allgemein kann man sich das so vorstellen, dass es keine fixen Arbeitsplätze gibt. Diese Flexibilität wollen wir grundsätzlich auch überall einführen. Zudem sind es großzügige Flächen. Das X-Space hat ca. 400 m2 und das Q-Lab etwas mehr, um die 500 m2. Das X-Space hat 5 Kreativräume und in der Mitte eine Großfläche, die als Marketplace definiert wird. Aber allgemein ist die ganze Räumlichkeit multiflexibel.

Für wen sind die Coworking-Spaces zugänglich?
In sogenannten Projektteams kommen Mitarbeiter kurzzeitig zusammen, um neue Produkte zu entwickeln, auf neue Kundenbedürfnisse zu reagieren oder viele Prozesse einfach zu überdenken. Im X-Space geht es um die Customer Experience. Dort kommen vor allem Mitarbeiter aus dem Produktmanagement zusammen, welche verschiedene Teams bilden, um die Kette der Passenger Experience neu zu überdenken. Der Space steht nur diesen Teams zur Verfügung und umfasst ca. 200 Mitarbeiter. Das Q-Lab, welches für Quest steht, testet zurzeit der HR-Bereich. Dieses ist für ca. 300 Personen zugänglich, welche in verschiedenen Teams zusammenarbeiten. Allgemein sind die Spaces nur internen Mitarbeitern zugänglich, wobei manchmal auch externe Berater für Projekte hinzugenommen werden.

Werden die fünf Kernwerte von Coworking-Spaces verfolgt?
Wir haben keinen klassischen Coworking-Space in dem Sinne. Für uns stehen der Zusammenarbeitsgedanke und die offene Organisationsstruktur im Fokus. Ziel ist es nicht, die fünf Coworking-Werte zu erfüllen.

Werden interne Kommunikationsplattformen genutzt?
Zurzeit nutzen wir Skype for Business als Standart-Kommunikation. Weiterhin planen wir das neue Microsoft-Paket Office365 einzusetzen. Dieses beinhaltet neue Tools zur Kommunikation, wie z. B. Videochat, einen digitalen Projektraum, integrierte Chatlösungen und eine eigene Social-Media-Plattform für Teams. WhatsApp und private Plattformen wurde aufgrund des Datenschutzthemas verboten.

Welche Ziele werden damit verfolgt?
Vor allem durch den Einsatz der neuen Microsoft-Lösung wird die Kommunikation radikal verändert und vereinfacht. Die Mitarbeiter müssen verstehen, dass man mit den neuen Tools effizienter zusammenarbeiten kann.

Würden Sie generell zustimmen, dass soziale Plattformen die Entwicklung von Coworking-Spaces fördern können?
Definitiv! Der Fokus muss auf der digitalen Kommunikation liegen, welche zu kurz kommt und immer wichtiger wird, gerade für die Generation Y. Ohne soziale Plattformen braucht man nicht zu starten.

Denken Sie, dass auch Offline-Aktivitäten wichtig sind?
Hier liegt der Fokus selbstverständlich auf der externen Kommunikation und ist enorm wichtig. Man muss sich extern präsentieren, um erfolgreich zu sein.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der Coworking-Spaces ein?
Es ist alles ganz am Anfang. Es wird sich auf jeden Fall alles weiterentwickeln und die Anzahl wird steigen. Aber ich bin etwas skeptisch bezogen auf die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Unternehmen in einem Coworking-Space zusammenarbeiten können und Ideen preisgeben werden. Zudem denke ich, dass Deutschland hinter dem Rest (USA, Großbritannien etc.) liegen wird. Wir haben hier ein ganz großes Thema des Datenschutzes, welches für Coworking-Spaces ein Hemmnis darstellen kann.

Und bezogen auf die Lufthansa?
Wir führen gerade eine Diskussion, ob wir weitere Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Vielleicht sogar als Hub, also außerhalb des Frankfurter Flughafens. Wir haben viele Lufthansa-Teams weltweit, welche auf Geschäftsreise sind und auf Coworking-Spaces angewiesen sind. Da wäre die zentrale Flughafen-Nähe günstig. Weiterhin überlegen wir, die Spaces nach dem Testprojekt für alle Mitarbeiter der Lufthansa zugänglich zu machen oder vielleicht weitere Flächen additiv zur Verfügung zu stellen. Dies ist für die nähere Zukunft geplant, aber der Druck wächst.